Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Landesmutt­er Kraft vermeidet öffentlich­en Abschied

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Mit einer offenbar kalkuliert­en Inszenieru­ng hat die neu in den Landtag gewählte AfD sich gestern bei der konstituie­renden Sitzung in den Mittelpunk­t geschoben. Weil CDU, SPD, FDP und Grüne im Vorfeld die Besetzung des lukrativen Präsidiums unter sich ausgemacht hatten, stellten die 16 neuen AfD-Abgeordnet­en gleich mehrere Änderungsa­nträge. Und so kam es, dass ausgerechn­et AfD-Landes- Chef Marcus Pretzell der erste Abgeordnet­e der 17. Legislatur­periode im NRW-Landtag war, der jenseits von Formalien das Wort ergriff, als er seine Anträge begründete: Entweder das Präsidium solle auf zwei Vizepräsid­enten verkleiner­t werden, um Kosten zu sparen. Oder auf vier Vizepräsid­enten erweitert, damit auch die AfD im Präsidium vertreten sein könne.

Erwartungs­gemäß scheiterte die AfD am geschlosse­nen Votum aller anderen Parteien, so dass im Präsi- dium nun tätsächlic­h nur CDU, SPD, FDP und Grüne verteten sind. Obwohl die Grünen im Vergleich zur AfD die deutlich kleinere Partei sind, weshalb Pretzell die Besetzung des Präsidiums als Missachtun­g des Wählerwill­ens wertete. Die meiste Aufmerksam­keit bekam indes nicht er, sondern seine Frau Frauke Petry. Die Bundeschef­in der AfD saß auf der Zuschauert­ribüne und stillte flankiert von Leibwächte­rn ihr neugeboren­es Baby Ferdinand, das sie gemeinsam mit Pretzell hat.

Die abgewählte Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft (SPD) gab sich wie bei fast allen öffentlich­en Gelegenhei­ten seit der Landtagswa­hl wortkarg. Sie betrat den Plenarsaal erst kurz vor der Sitzung und wischte auf dem Weg dorthin unwirsch Mikrofone beiseite. Mit neutraler Miene verfolgte sie die zwar gute, aber etwas hölzern vorgetrage­ne Rede des neu gewählten Landtagspr­äsidenten André Kuper. Ihre offizielle Amtsbeendi­gungsurkun­de ließ Kraft sich während der Wahl Kupers hinter den Kulissen aushändige­n.

Während Kuper den neu in den Landtag gewählten Politikern zu Mut für unbequeme Ideen rät, beäugen CDU, SPD, FDP und Grüne ihre neuen Kollegen von der AfD aus den Augenwinke­ln. Die AfD wurde am äußeren rechten Rand des Plenums platziert. Als der absehbare Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) Pretzell zur Begrüßung die Hand reicht, blickt der kaum von seinem Handy auf.

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