Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Audi hat in Deutschland Schummel-Software genutzt
Minister Dobrindt spricht von „Auffälligkeiten“. Der Abgas-Skandal im Volkswagen-Konzern nimmt neue Fahrt auf.
BERLIN (dpa) Die VW-Tochter Audi gerät im Abgas-Skandal stark unter Druck. Der Autobauer habe eine „unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut“, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gestern. Die Software habe bewirkt, dass erkannt wurde, wenn das Auto auf einem Prüfstand war – dann wurden die Abgas-Reinigungssysteme angeschaltet. Bisher war Audi in Deutschland keine illegale Abschalteinrichtung nachgewiesen worden. 24.000 Fahrzeuge müssten zurückgerufen werden, sagte Dobrindt. Die betroffenen Fahrzeuge seien jeweils zur Hälfte auf dem deutschen und auf dem europäischen Markt. VW müsse zum 12. Juni Lösungsvorschläge übermitteln zur Umrüstung.
Der Skandal um manipulierte Abgaswerte im VW-Konzern war im September 2015 ans Licht gekommen. In den USA hatte VW deswegen Milliarden zahlen müssen. In Europa und Deutschland ist VW aber der Auffassung, dass Abschalteinrichtungen in seinen Dieselmotoren gar nicht illegal gewesen sind.
„Gestern sind Auffälligkeiten bei Fahrzeugen der Modellreihe A8 und A7 mit V6- und V8-Dieselmotoren erkannt geworden“, sagte Dobrindt. Die betroffenen Fahrzeuge seien zwischen 2009 und 2013 gebaut worden. „Es handelt sich um eine sogenannte Lenkwinkel-Erkennung.“Die Abschalteinrichtung nehme wahr, wenn das Fahrzeug im Prüfstand stehe: Sobald das Lenkrad mehr als 15 Grad eingeschlagen werde, erhöhe sich der Ausstoß von gesundheitsschädigendem Stickoxid (NOx).
„Klar ist, dass die Fahrzeuge nicht in dem Zustand bleiben können – und deshalb auch der verpflichtende Rückruf“, sagte Dobrindt. Das Ministerium erwarte vom VW-Konzern Lösungsvorschläge, wie „im Rahmen des Rückrufs auch eine Umrüstung stattfinden kann“. Er habe bereits mit VW-Chef Matthias Müller gesprochen.
Audi und VW hatten bereits in einem milliardenschweren Vergleich mit dem US-Justizministerium eingeräumt, dass sie in den USA rund 83.000 Autos mit Audi-Dieselmotoren und einer dort illegalen Software verkauft hatten, die niedrigere Abgaswerte angibt. Die Diesel-Verfahren hatten Audi im vergangenen Jahr 1,86 Milliarden Euro gekostet.
Audi-Chef Rupert Stadler sagte bei der Jahrespressekonferenz im März diesen Jahres: „Als Konse- quenz aus der Diesel-Affäre stellen wir bei Audi alles auf den Prüfstand.“Die Aufarbeitung sei „noch lange nicht abgeschlossen“. Aber sein Unternehmen tue alles, „dass so etwas wie die Diesel-Affäre bei uns nie wieder passiert“.
Während der Jahrespressekonferenz hatten mehr als 100 Polizisten und Staatsanwälte die Zentrale des Autobauers, weitere Standorte und Wohnungen von Mitarbeitern durchsucht. Die Staatsanwaltschaft hatte „ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung“eingeleitet.