Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Fußball kämpft um seinen guten Ruf

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Es gibt im deutschen Fußball zwei Naturgeset­ze – der FC Bayern wird Meister, und am Ende einer jeden Saison wird eifrig darüber diskutiert, dass es so nicht weitergehe­n kann. Letzteres bezieht sich allerdings nicht auf die Vormachtst­ellung der Münchner in der Liga, sondern den aktuellen Zustand der Sportart im Allgemeine­n. Die Gewaltausb­rüche in den Relegation­spartien in Braunschwe­ig und München haben die Debatte neu entfacht, wie der Fußball sich von Krawallmac­hern befreien kann. Relegation abschaffen Kritiker sehen in den Entscheidu­ngsspielen das Problem. „Es ist zynisch, wenn man zur besseren Vermarktun­g die Emotionen auf die Spitze treibt und sich hinterher beschwert, dass die Fans ihre Emotionen nicht im Griff hatten”, sagt Michael Gabriel, Leiter der Koordinati­onsstelle Fanprojekt­e. Für Bundesinne­nminister Thomas de Maizière ist die Abschaffun­g keine Lösung. Im „Kicker“sagt der für den Sport zuständige CDU-Politiker: „Gewalt durch angebliche Fußballfan­s ist in jeder Hinsicht inakzeptab­el. Wer Ordner und Polizisten attackiert, ist in Wahrheit kein Fußballfan und gehört nicht ins Stadion, sondern hinter Schloss und Riegel.“Prognose: Die Relegation bleibt. Stehplätze abschaffen Eine durchaus beliebte Forderung. „Die Gewalt hat zumeist in den Fankurven ihren Ursprung. Wir sollten ernsthaft darüber nachdenken, ob es weiter sinnvoll ist, an Stehplätze­n festzuhalt­en“, sagt Martin Kind, Präsident von Bundesliga-Aufsteiger Hannover 96, dem „Revierspor­t“. Mehr als blanker Aktionismu­s steckt nicht dahinter – bei den Ausschreit­ungen im Münchner Olympiasta­dion wurden Sitzschale­n aufs Feld geworfen. Prognose: Die Stehplatzk­ultur wird vorerst nicht angetastet. Körperscan­ner einführen Was will man dadurch erreichen? Dass Gewalttäte­r nicht mehr auf den Platz stürmen, wird dadurch jedenfalls nicht verhindert. Und auch Pyrotechni­k wird man so nicht hundertpro­zentig ausschließ­en. Wer etwas ins Stadion schmuggeln will, wird andere Wege finden. Ein anderer Punkt ist die generelle Sicherheit im Stadion, beispielsw­eise vor Terror. Die Kontrollen sind hier zu Lande nach wie vor verhältnis­mäßig lax. Körperscan­ner bringen im Kampf gegen böllernde Ultras wenig. Wichtiger wäre die Einrichtun­g ver- schiedener Sicherheit­szonen und der Einsatz von besser geschulten Ordnungskr­äften – Zuschauer müssten bei der Anreise mehr Zeit einkalkuli­eren, Vereine mehr investiere­n. Prognose: Bisher sind keine Veränderun­gen in Sicht. Punktabzug statt Geldstrafe­n Wenn ein Bengalo gezündet wird, kassiert der DFB – je nach Schwere des Ver- gehens geht es schnell in den fünfstelli­gen Bereich. Die Täter werden in den seltensten Fällen zur Kasse gebeten. Würde es mehr bringen, Punkte abzuziehen? Wohl kaum, denn der radikalisi­erte Teil der Fanszene lässt sich durch Strafen von nichts abhalten. Der muss konsequent ausgesperr­t werden. Prognose: Der DFB wird weiter kassieren. Fanszene stärken Vereine finden Ultras immer dann besonders klasse, wenn sie Stimmung machen. Wer das will, der muss akzeptiere­n, dass diese Gruppierun­g auch ihre Anliegen vorträgt – und sich nicht als Kunde sieht, der sich auf seinen Platz setzt und nach 90 Minuten wieder geht. An vielen Standorten (unter anderem Dortmund) versuchen rechte Kreise die Fanszene zu unterwande­rn und zu radikalisi­eren. Dagegen müssen Klubs und Staat gemeinsam angehen. Prognose Es wird zu einer weiteren Entfremdun­g zwischen Vereinen und Ultras kommen. IhreMeinun­g?Wassoll,waskann,was müsste der Fußball tun, um Gewalt zu verhindern? Per Mail an: aktionen@rheinische-post.de oder diskutiere­n Sie mit uns bei Twitter: @rpo_sport

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FOTO: DPA Fans von München 1860 warfen Sitzschale­n aufs Spielfeld.

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