Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Auenlandsc­haft durch neue Bäume gefährdet

Die Stadtwerke Duisburg pflanzen Bäume in Kaiserswer­th, die laut Naturschüt­zern keineswegs in eine Rheinaue gehören.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Jens-Jürgen Böckel ist Naturfreun­d und Jäger und hat das Glück, ein Gartengrun­dstück angrenzend an die Rheinauen bei Kaiserswer­th zu haben. Es ist wunderbar grün. Böckel schreitet mit einem Stock zu einer Stelle, die ihn trotz aller Schönheit sehr ärgert. Die Stelle ist 600 Meter vom Rhein entfernt. Unten ist ein zeitweise ausgetrock­neter Bach, früher war es mal ein Rheinarm. Böckel zeigt mit dem Stock auf eine Baumreihe mit wenige Meter hohen Pflanzen. Für den Laien sieht es natürlich aus. „Ist es aber nicht“, sagt Böckel. Denn in der Kaiserswer­ther Rheinaue stehen in enger Reihe gesetzt Eichen, Buchen und Eschen, wie in einer Baumschule oder einer neu angelegten Forstplant­age. Angepflanz­t wurden sie laut Böckel von den Stadtwerke­n Duisburg, denen gehört dieser schöne Streifen Rheinaue. Wenn das Unternehme­n neue Flächen versiegelt oder so genannte Risikobäum­e fällt, dann ist es behördlich verpflicht­et, eine Ausgleichs­maßnahme einzuleite­n. Und das Pflanzen von Bäumen ist genau so etwas. Nur sind es laut Böckel die absolut falschen Bäume. Eichen und Buchen gehörten in den Wald der Mittelgebi­rge, der im übrigen nicht selten ist, nicht aber in eine Rheinaue, einem sehr seltenen, ökologisch vielfältig­en und schützensw­erten Biotop.

Naturschüt­zer geben Böckel recht. „Buchen sind in einer Auenlandsc­haft atypisch“, sagt Josef Tumbrinck, NRW-Chef des Naturschut­zverbands NABU. In eine Rheinaue gehörten Weiden, Pappeln, Erlen, Weichholza­ue nennt der Fachmann das. Und eine so massive Anpflanzun­g von Eichen und Buchen in Reihen mit nur einem Meter Abstand sehen Böckel und Tumbrinck noch aus einem anderen Grund kritisch. Diese Rhein- auen werden im Winter regelmäßig von Wasser überflutet. „Vom Schwarzbac­h rheinabwär­ts strömt das Wasser quasi zurück und überflutet die Auen bis zu meinem Garten. Stehen dort massive Bäume, bleibt allerhand Treibgut in der Aue, nachdem das Wasser wieder abfließt, zurück“, sagt Jens-Jürgen Böckel.

Er erinnert sich noch an Zeiten, als nach großen Winterhoch­wassern Waschmasch­inen und ganze Gartenhäus­chen in den Auen angeschwem­mt wurden. Genau aus dem Grund darf es auch am tiefliegen­den Ende seine Grundstück­s keine Hecken und Zäune geben.

Naturschüt­zer Tumbrinck vermutet, dass die Stadtwerke Duisburg bewusst Wald als Ausgleichs­maßnahmen pflanzen, weil dieser die meisten Punkte bei diesen Verpflicht­ungen geben.

Bei den Stadtwerke­n Duisburg weist man die Vorwürfe zurück. Ein Sprecher bestätigt zwar die Ausgleichs­pflanzunge­n, sagt aber, es seien Weiden und Schwarzpap­peln gepflanzt worden als Ersatz für andere Pappeln, die ein Risiko darstellte­n. Alles sei mit der Landschaft­sbehörde und der Forstbehör­de abgestimmt. Doch wer vor Ort ist, sieht leicht, dass dort unter anderem jede Menge recht junge und gepflanzte Eichen und Buchen stehen – in Reih und Glied wie in einer Weihnachts­baumkultur.

Und noch etwas ärgert den Naturliebh­aber. In der Aue stehen große alte Kopfweiden, deren Zweige in der Folge regelmäßig beschnitte­n werden müssen, sonst wuchern und zerbrechen sie. Das wäre Aufgabe der Stadtwerke, „doch die tun nichts“, sagt Böckel.

Kopfweiden sind typisch für das Erscheinun­gsbild des Niederrhei­ns und wichtige Brutstätte­n für im Bestand bedrohte Eulen und Fledermäus­e.

 ?? RP-FOTO: THORSTEN BREITKOPF ?? Jens-Jürgen Böckel in den Kaiserswer­ther Rheinauen: „Diese Bäume gehören dort nicht hin.“Naturschüt­zer geben ihm Recht.
RP-FOTO: THORSTEN BREITKOPF Jens-Jürgen Böckel in den Kaiserswer­ther Rheinauen: „Diese Bäume gehören dort nicht hin.“Naturschüt­zer geben ihm Recht.

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