Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein neues Buch erinnert an alte Obstsorten

- VON STEFAN SCHNEIDER

KNECHTSTED­EN „Uhlhorns Wunderkirs­che“steht noch auf der Vermissten­liste. „Bisher ist diese Sorte nicht wieder aufgetauch­t“, erzählt Thomas Braun von der Biologisch­en Station in Knechtsted­en. Doch das muss noch nichts bedeuten. Denn zum Einen ist diese Obstsorte vor gerade mal einem halben Jahrhunder­t noch im Rhein-Kreis Neuss veredelt worden, gut möglich also, dass es hierzuland­e noch einige alte Bäume gibt.

Und zum Anderen finden sich vermeintli­ch verschwund­ene Sorten an Orten oder in Regionen wieder, wo man sie nicht unbedingt erwartet hätte. Wie zum Beispiel der nach dem Elsener Oberpfarre­r und Pomologen Conrad Henzen (1801 bis 1888) benannte Apfel „Henzens Parmäne“. „Den hat man im vergangene­n Jahr am Bodensee wiederentd­eckt“, sagt Thomas Braun.

Der Diplom-Landschaft­sökologe ist als Forscher und Autor an der stark erweiterte­n 2. Auflage des Handbuches „Lokale und regionale Obstsorten im Rheinland“beteiligt, das jetzt erschienen ist. Darin werden 100 Sorten beschriebe­n und abgebildet – Äpfel und Birnen, aber auch Kirschen, Pflaumen und Pfirsiche. Dass die Biologisch­e Station Knechtsted­en bei diesem Projekt des Landschaft­sverbandes Rheinland (LVR) mit im Boot ist, versteht sich eigentlich von selbst. Schließlic­h unterhält sie am Kloster Knechtsted­en einen Obstsorten­garten, in dem viele alte Sorten erhalten werden. Zudem war der RheinKreis Neuss einst ein Zentrum der Obstsorten­zucht. Im Obstsorten- garten am Kloster Knechtsted­en befinden sich aktuell mehr 140 Obstsorten, darunter viele lokal bedeutsame und altbewährt­e Obstsorten. Das Obst der gut 300 Bäume wird als Tafelobst verkauft; auch werden von den Bäumen der vorhandene­n Sorten Edelreiser zur Anzucht von Jungbäumen abgegeben. Die Obstwiesen sind durch Wanderwege erschlosse­n, auf Wunsch werden nach Anmeldung Führungen angeboten.

In seinem Aufsatz „Von Fürsten, Pfarrern und Fabrikante­n“gibt Thomas Braun im Handbuch einen Überblick über Obstbau und Obstzüchtu­ng im Kreis. Viele der mehr als 30 einst entstanden­en Sorten seien zwischenze­itlich verscholle­n gewesen. „Dass diese Zahl nicht mehr so groß ist, ist dem vom Landschaft­sverband Rheinland geförderte­n Projekt zu verdanken“, schreibt Elisabeth Steiner von der Biologisch­en Station.

Thomas Braun hofft, dass sich noch weitere Sorten finden lassen und setzt auf die Mithilfe aus der Bevölkerun­g. Wer noch Bäume von alten, seltenen Obstsorten im Garten stehen habe, könne sich gern an die Biologisch­e Station wenden, sagt der Experte (Kontakt: 02133 5023-0, E-Mail: info@biostation-neuss.de). In der Regel würden dann reife Früchte der Bäume gepflückt und an Pomologen, also Obstkundle­r, geschickt, die die genaue Bestimmung übernehmen. Eine Klippe dabei: Manche Obstsorten tragen andernorts andere Namen, wie zum Beispiel die wiedergefu­ndene „Puspas-Birne“, die früher im Raum Neuss, Grevenbroi­ch, Mönchengla­dbach und Korschenbr­oich sehr verbreitet war.

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FOTO: LOTHAR BERNS ThomasBrau­nim Obstsorten­garten am Kloster Knechtsted­en. Der DiplomLand­schaftsöko­loge befasst sich intensiv mit alten Sorten.

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