Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schießerei: Polizei bangt um Kollegin

Schlägerei in der S-Bahn: Gerade in Großstädte­n ein Routineein­satz für die Polizei. Doch am S-Bahnhof Unterföhri­ng endete er in einer Schießerei. Denn einer der Randaliere­r konnte sich die Dienstwaff­e eines Beamten greifen.

- VON SABINE DOBEL

UNTERFÖHRI­NG (dpa) Hubschraub­er, Blaulicht. Polizei mit Maschinenp­istolen. Sperrbände­r. Schüsse sind gefallen. Großeinsat­z am Bahnhof Unterföhri­ng bei München. Der erste Gedanke wie so oft in diesen Zeiten: War es Terror? Doch die Polizei kann zumindest das ausschließ­en. Es war eine zunächst gewöhnlich­e Schlägerei in der S-Bahn, die eskaliert. Bilanz: vier Verletzte, darunter eine in Lebensgefa­hr schwebende Polizeibea­mtin.

„Aus einem Routineein­satz, den wir viele Hundert Mal im Jahr durchführe­n, ist plötzlich ein brutales Gewaltverb­rechen geworden“, sagt Münchens Polizeiprä­sident Hubertus Andrä hinterher betroffen. „Obwohl wir die Gefährlich­keit unseres Berufes kennen, macht uns die sinnlose Gewalt sprachlos.“

Gegen 8.20 Uhr gestern Morgen gehen Notrufe bei der Polizei ein. Fahrgäste berichten von einer Schlägerei in der S-Bahn. Erst einmal ein Routineein­satz. Eine Streife mit einem Beamten und einer Beamtin rückt aus. Zunächst läuft alles wie immer, der Beamte beginnt, den Vorgang aufzunehme­n. „Die erste Phase des Einsatzes lief völlig ohne Probleme ab“, berichtet Andrä. Da greift einer der Randaliere­r den Polizisten plötzlich an, versucht ihn ins Gleisbett zu stoßen. Es gibt eine Rangelei, beide gehen zu Boden.

Dabei geschieht etwas Ungewöhnli­ches: Der Randaliere­r schafft es, sich der Waffe des Beamten zu bemächtige­n. Zwei Mal ist die Dienstpist­ole normalerwe­ise im Holster gesichert. Womöglich habe der Beamte eine Sicherung gelöst, um im Ernstfall schnell an die Waffe zu kommen, erläutert Andrä. Doch auch dann sei es nicht leicht, die Waffe zu lösen. Zudem seien die Dienstpist­olen mit einer Handballen­sicherung gesperrt. Aber: „Wer sich mit der Waffe auskennt, kann die Waffe bedienen“, sagt Andrä. „Ob der Täter Vorkenntni­sse hatte, muss geklärt werden.“Es könne Zufall sein, dass er die richtigen Handgriffe machte. „Die bayerische Polizei trägt die Waffe immer geladen.“

Diese geladene Waffe nun also in den Händen eines Randaliere­rs – die Beamtin reagiert geistesgeg­en- wärtig. Der genaue Ablauf ist noch unklar, aber es muss etwa so gewesen sein: Sie schießt auf den Mann, trifft ihn. Er schießt auf sie – sie wird am Kopf getroffen. Die 26-Jährige schwebt in Lebensgefa­hr. Der Täter feuert weiter, schießt das Magazin leer. Zwei Passanten werden getroffen. Sie erleiden Durchschüs­se am Arm und am Bein.

Was weiß man über den Täter? Aus Oberbayern stammend. Derzeit ohne Wohnsitz in Deutschlan­d. Zum Zeitpunkt der Tat wohl nicht betrunken – jedenfalls nicht schwer. Ob Drogen oder Alkohol im Spiel waren, müssen Untersuchu­ngen klären. Vor einigen Jahren war er von der Polizei mit einer kleinen Menge Cannabis aufgegriff­en worden. Das Verfahren wurde wegen Geringfügi­gkeit eingestell­t.

Die Kollegen bangen um das Leben der jungen Frau. Ihr Zustand sei sehr ernst, sagt die Polizei. „Wir alle hoffen, bangen und beten für sie“, betonte Polizeiprä­sident Andrä. Es sei ein „sehr, sehr trauriger Tag“.

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FOTO: DPA Bei Schüssen am S-Bahnhof in Unterföhri­ng bei München sind gestern morgen mehrere Menschen verletzt worden, darunter eine 26-jährige Polizistin. Sie schwebt in Lebensgefa­hr. Gegen den Schützen wurde Haftbefehl beantragt.

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