Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Die Fußball-WM ist eine echte Chance für Russland“
Der Vorsitzende des Petersburger Dialogs über den wieder wachsenden deutsch-russischen Handel und Zeichen von mehr Offenheit.
Was erwarten Sie vom Petersburger Dialog an diesem Wochenende in Moskau?
POFALLA Das wird in vielfacher Hinsicht spannend. Der Petersburger Dialog ist ja der letzte verbliebene offizielle zivilgesellschaftliche Gesprächskanal zwischen Russland und Deutschland. Ich finde bemerkenswert: Die Russen lassen immer mehr Vertreter von Nichtregierungsorganisationen zu, so dass in die Gespräche mehr Meinungsvielfalt kommt. Es sind bei der Tagung auch Journalisten zugelassen. Die russische Seite ist also zu mehr Offenheit bereit.
Werden Sie das russische Vorgehen gegen Alexej Nawalny ansprechen?
POFALLA Meinungsfreiheit ist eines der höchsten Güter unserer Demokratie. Ich habe in der Vergangenheit immer wieder zu diesemThema auch kontroverse Gespräche geführt. Natürlich entspricht das russische Handeln nicht unseren Werten und Maßstäben, und natürlich werden wir auch hierüber reden müssen. Ich sehe auf der anderen Seite aber auch eine Öffnung, und das will ich ausdrücklich begrüßen.
Die Fußball-WM in Russland rückt näher – Thema auch für den Dialog?
POFALLA Ja, DFB-Präsident Reinhard Grindel, aber auch Thomas Hitzlsberger sind dabei. Der russische Vizechef des Organisationskomitees, Alexander Dschordschadse, ebenfalls. Schon diese hochrangige Teilnahme ist ein Erfolg. Die Fußball-WM ist eine echte Chance für Russland, der Welt sein offenes und freundliches Gesicht zu zeigen. Andersherum werden die Besucher aus aller Welt auch auf russischer Seite helfen, Ressentiments gegen den Westen abzubauen.
Großveranstaltungen in Russland sind oft problematisch.
POFALLA Wir werden bei der Tagung des Petersburger Dialogs natürlich deutlich machen, dass bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen. Ich will nur die Meinungsund Pressefreiheit nennen. Journalisten dürfen nicht in ihrer Arbeit eingeschränkt werden. Die Russen müssen sich jetzt intensiv mit dem Thema auseinandersetzen, allein das ist schon ein Gewinn.
Sehen Sie denn positive Bewegung in anderen Bereichen?
POFALLA Der Dreh- und Angelpunkt für eine wirkliche Wende in den Beziehungen zu Russland ist die Lage in der Ukraine. Wenn wir die Dinge ehrlich benennen, hat sich hier nichts verändert, sind die Beziehungen unter dem Eindruck der Ukraine-Krise festgefahren.
Und unterhalb dieses Befundes?
POFALLA Die Beziehungen gehen in manchen Bereichen durchaus bergauf. Der Handel zwischen unseren beiden Ländern hat im ersten Quartal 2017 um ein knappes Drittel zugenommen. Allerdings hatten die Sanktionen zuvor ihre Wirkung gezeigt. Wir liegen also noch immer unter Vor-Krisen-Niveau, aber immerhin: Es geht aufwärts. Interessant sind auch die in Moskau diskutierten Reformvorschläge für eine Stärkung der mittelständischen Wirtschaft. Die Debatte werden wir beim Dialog natürlich unterstützen.