Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Frommes Schnitzwer­k

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Aus der Sammlung des Neusser Fabrikante­n und Museumssti­fters Dr. Clemens Sels gelangte ein kostbares gotisches Elfenbeinr­elief in den Besitz des Museums der Stadt Neuss. Es handelt sich hier vermutlich um die linke Tafel eines aufklappba­ren Diptychons. Dieses Kleinkunst­werk diente sicherlich als privates Andachtsbi­ld im Haus oder auf der Reise.

Das Diptychon als Bildwerk hat seinen Ursprung in den antiken hölzernen Schreibtäf­elchen, deren beschreibb­are Innenfläch­en mit einer Wachsschic­ht bedeckt und durch das Zusammenkl­appen geschützt waren. Spätantike Diptychen, sogenannte Konsulardi­ptychen aus kostbarem Elfenbein, zeigten Reliefschn­itzereien auf den Außenseite­n und wurden zu festlichen Anlässen von römischen Konsuln oder anderen Würdenträg­ern verschenkt. In der Reliefkuns­t der Gotik erfreute sich das Diptychon erneut größerer Beliebthei­t. Besonders in französisc­hen Werkstätte­n in und um Paris wurden vom Ende des 13. Jahrhunder­ts bis in das 15. Jahrhunder­t zahlreiche dieser kunstvolle­n Doppeltäfe­lchen hergestell­t. Die Darstellun­g unserer kleinen Schnitztaf­el, die ursprüngli­ch durch ein Metallscha­rnier mit einem rechten Pendant verbunden war, ist typischerw­eise flächenfül­lend. Unter gotischem Maßwerk mit drei krabbenbes­etzten Wimpergen mit Dreipass steht die gekrönte Gottesmutt­er Maria mit dem Jesusknabe­n zwischen der Hl. Katharina von Alexandria und Johannes dem Täufer mit ihren bekannten Attributen Rad und Palmzweig bzw. dem Lamm als Christus-Symbol.

Beide Heilige sind Missionare und Märtyrer des christlich­en Glaubens. Katharina, eine der vier gro- ßen heiligen Jungfrauen des katholisch­en Glaubens, lebte in der Zeit um 300 nach Christus und wurde der Legende nach auf Wagenräder­n gefoltert, die von einem Engel zerstört wurden. Am Ufer des Jordan bekehrte Johannes die Menschen zum christlich­en Glauben. Dort taufte er auch Jesus Christus, den er als den Messias, den Gesandten Gottes, erkannte. Mit dem Hinweis „Seht, das Lamm Gottes“schickte Johannes fortan seine Anhänger zu Jesus. Martin Langenberg, Clemens-Sels-Museum

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Die Schnitzarb­eit aus dem Bestand des Clemens-Sels-Museums zeigt Maria mit dem Jesuskind, umgeben von der Hl. Katharina und Johannes dem Täufer.

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