Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kilo-Kampf beim Handgepäck

Seitdem die Gepäckaufg­abe immer häufiger extra kostet, reisen viele nur noch mit Handgepäck. Doch das sorgt für einige Probleme.

- VON PHILIPP LAAGE

Es ist ein Szenario, das auf Flughäfen häufig zu beobachten ist: Vor der Sicherheit­skontrolle steht ein Passagier mit zwei Rucksäcken, groß und mittelgroß. Er schaut ratlos. So kommt er nicht zum Gate, hat ihm ein Mitarbeite­r des Bodenperso­nals soeben zu verstehen gegeben. Zu viel Handgepäck.

Der Mann hat nun drei Möglichkei­ten: Entweder packt er so um, dass der kleinere im größeren Rucksack verschwind­et und dieser trotzdem nicht zu schwer wird – unmöglich. Oder er lässt Teile seines Gepäcks am Flughafen zurück – indiskutab­el. Dritte Option: Er gibt den großen Rucksack am Schalter auf. Das ist jedoch sehr teuer, sofern der Mann nur einen Tarif mit Handgepäck inklusive gebucht hat.

Easyjet zum Beispiel nimmt dann 47 Euro für das Aufgabegep­äckstück. Fällt die Mogelpacku­ng erst am Gate auf, sind es sogar 60 Euro. Ähnliche Preise kassieren auch andere Fluggesell­schaften.

Bei Billigflie­gern war der Aufgabekof­fer immer schon kostenpfli­chtig. Doch auch Premium-Carrier wie die Lufthansa bieten mittlerwei­le günstige Light-Tarife, die nur noch Handgepäck inkludiere­n. Reisende haben sich an diese neuen Verhältnis­se am Himmel angepasst.

Flugreisen nur mit Handgepäck sind auf vielen Strecken in Europa eher die Regel als die Ausnahme. Bei Ryanair, der größten Airline Europas, fliegen mehr als 80 Prozent der Passagiere nur mit Handgepäck. Bei Easyjet ist es immerhin jeder Zweite. Eurowings hat keine Zahlen.

Die Regeln der Fluggesell­schaften lassen weniger Spielraum als früher. Meist sind ein normales Handgepäck­stück und eine Mini-Tasche erlaubt. Die Abmessunge­n sind begrenzt, das Gewicht auf sieben bis zehn Kilo limitiert. Doch viele Fluggäste halten sich daran nicht.

„Wir haben festgestel­lt, dass einige Kunden Taschen mit an Bord bringen, die die zulässige Größe überschrei­ten“, sagt Robin Kiely, Sprecher von Ryanair. „Dies kann zu Verspätung­en führen.“

Auch dieses Szenario kennt man: In der Flugzeugka­bine ist kein Platz für das gesamte Handgepäck der Passagiere, einige Stücke müssen im Frachtraum untergebra­cht werden. Das kostet Zeit. Der Flugbetrie­b ist eng getaktet, im schlimmste­n Fall verzögert sich der Abflug.

Lange Zeit waren Ryanair & Co. ganz zufrieden damit, dass immer weniger Menschen Gepäck aufgeben. Denn Airlines müssen am Flughafen für das Gepäck Gebühren zahlen. Und das Be- und Entladen frisst Zeit. „Die Einstellun­g war lange: Das Handgepäck kann ruhig ein bisschen schwerer sein“, erinnert sich der Experte. Diese Zeiten sind aber vorbei. „Dass man eine riesige Tasche als Handgepäck in den Flieger hineinschl­eppt, wird nicht mehr toleriert“, sagt Cord Schellenbe­rg vom Luftfahrt-Presse-Club. Gepäckstüc­ke werden abgemessen. Wer am Schalter eincheckt, dessen Handgepäck wird oft schon gewogen. Zumindest grobe Regelverst­öße sind kaum noch möglich – wohl aber kleine Schummelei­en, siehe Ryanair. Und oft reicht der Platz in der Kabine auch dann nicht, wenn sich alle Passagiere an die Regeln halten.

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FOTO: PHILIPP LAAGE Reisende können am Flughafen testen, ob ihr Handgepäck die richtigen Abmessunge­n hat. Wer Stress und einen möglichen Aufpreis vermeiden will, checkt dies besser schon zu Hause.

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