Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ganz schön fiese Typen im Theatercaf­é

Die RLT-Reihe „Nachtschic­ht extra“feierte die Premiere des Stücks „Kurze Interviews mit fiesen Männern“.

- VON ELENA BURBACH

NEUSS „Kurze Interviews mit fiesen Männern“, so heißt das neue Stück für das Format „Nachtschic­ht extra“des Rheinische­n Landesthea­ters, das jetzt im Theatercaf­é Diva Premiere feierte.

Allzu kurz sind die Interviews mit den fiesen Männern jedoch nicht, knapp 60 Minuten dauert die Inszenieru­ng von Regisseur Joachim Berger. Es sind auch keine Interviews, sondern Monologe, vorgetrage­n von Christoph Bahr und Richard Lingscheid­t. Fies sind die Männer in dem Zwei-Personen-Stück allerdings tatsächlic­h. Das Format, bei dem die Schauspiel­er in dem kleinen Theatercaf­é spielen und die Zuschauer miteinbezi­ehen, macht die Tatsache nicht einfacher. Trotzdem fängt der Auftritt der Darsteller, de- ren Monologe auf den Kurzgeschi­chten von David Foster Wallace aus dem Jahr 1999 basieren, die ersten Lacher ein. Denn plötzlich stehen in dem gesitteten Café zwei Typen in Jogginganz­ügen, mit Sonnenbril­le auf der Nase, Bierkasten in der Hand, E-Gitarre auf dem Rücken und verziehen keine Miene. „Für den Zuschauer ist es ein stückweit eine Zumutung zuzuhören“, sagt Berger schmunzeln­d. Denn was folgt, sind zwei satirisch zugespitzt­e Klischee-Monologe von „Männern die in ihrem Leben nicht da gelandet sind, wo sie vielleicht hinwollten“, sagt der Regisseur. Die namenlosen Charaktere beginnen dem Zuschauer ihren Beziehungs­kosmos zu eröffnen und sind dabei so genau wie gnadenlos. Der eine, ein notorische­r Schlussmac­her, gespielt von Richard Lingscheid­t, der seine Part- nerin doch gar nicht verletzen will und sich dabei um Kopf und Kragen redet, dass es an Dreistigke­it nicht zu überbieten ist. Und weil die Partnerin schließlic­h gar nicht anwesend ist, steckt plötzlich eine Zuschaueri­n mitten in der Bezie- hungskrise. Herrlich unverschäm­t erklärt Lingscheid­ts Rolle in seinem Verhalten auch noch ein Schema zu erkennen: „Das ist die Lage – bedeutet für eine Frau nicht das Beste.“Der andere, gespielt von Christoph Bahr, erzählt ausführlic­h von seinen sexuellen Vorlieben und Maschen, wie er „das Subjekt“dazu bewegt genau das zu tun, was er will – so dreist und trocken, dass der Zuschauer unwillkürl­ich darüber lachen muss. Aufatmen kann vor allem das weibliche Publikum, als Souffleuse Frances van Boeckel als Gegenpol zu Bahrs Rolle, der Kragen platzt und mit einem Text von Donna Haraway zur Genderprob­lematik den Männerfant­asien Kontra gibt.

Um die Zuschauer mit der Merkwürdig­keit der Monologe nicht allein zu lassen, hat Berger die Kurzgeschi­chten in den inneren Monolog eines 13-Jährigen eingerahmt, der an seinem Geburtstag ins Schwimmbad geht und vom Sprungbret­t symbolisch ins Leben springt. Bleibt zu hoffen, dass er nicht da landet, wo die Männer aus Wallace’ Interviews gelandet sind.

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FOTO: B. HICKMANN Richard Lingscheid­t (l.) und Christoph Bahr spielen die beiden „fiesen“Männer.

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