Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Toleranz lernen in einer digitalen Welt
Mobbing, Diskriminierung und Rassismus etwas entgegen setzen und online wie offline ein positives Umfeld schaffen – darum geht es bei dem Projekt „Think Big“, das gestern an der Städtischen Realschule Halestraße Station gemacht hat.
KAARST Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind ihnen ganz nah: „Ich habe schon in einer Pizzeria in Vorst erlebt, wie ein dunkelhäutiger Mensch beschimpft wurde“, erzählt Magdalena. Leon berichtet von Neonazis, die er regelmäßig in einer Kneipe antrifft und die „rassistische Sprüche“losließen. Und Wiktoria (15) lässt das Erlebnis von Obdachlosen, die angespuckt wurden, nicht los. Die drei Schüler der Klasse 9a der Realschule Kaarst nehmen am Projekt „Think Big“teil. Unter dem Motto „Act together – Zusammenhalt in Vielfalt. Sich für ein offenes und tolerantes Leben in einer vielfältigen Gesellschaft stark machen und diese aktiv mitzugestalten“, sollen sich die Schüler alltägliche Diskriminierungen bewusst machen und anschließend überlegen, wie man dagegen vorgehen kann.
Ausgehend von der Frage „in welcher Situation war jemand intolerant und wo hat sich jemand eingesetzt?“, werden bewusst und unbewusst erlebte Geschehnisse nochmals reflektiert. Nachdem zunächst jeder für sich die Fragestellung beantwortet hat, führen die Schüler lebhafte Gespräche in Arbeitsgruppen. Christian, Jovan und Robin (alle 15) konzentrieren sich auf Frauen- und Ausländerfeindlichkeit. Robin fällt hier sofort Donald Trump ein, während Jovan den Rapper Farid Bang im Auge hat. „Was der über Frauen sagt, ist echt schlimm“, findet er. Am Ende des Workshops soll jede Gruppe ein 30 bis 60 Sekunden langes Video über eine Lösungsidee drehen und kreative Ideen entwickeln. Dazu verteilen die studentischen Helfer von „Think Big“Tablet-Computer mit diversen Apps zur Erstellung der Filme. „Ich finde es gut, dass wir so etwas machen“, erklärt Christian. „Das eigene Umfeld wird erhellt – und wir haben die Möglichkeit, etwas zu verändern“, sagt er. Die Schüler sich einig, dass es ein „cooles Projekt“sei.
Dass es dabei auch um den Einsatz neuer Technologien geht, ist ein besonderer Reiz – in den Pausen gibt es ein interaktives Programm mit Virtual-Reality-Brillen und einer Fotobox. Sharine hat damit ge- rade eine Aufnahme mit ihren Freundinnen gemacht. „Zur Erinnerung, denn bald haben wir unseren Abschluss“, erklärt sie.
Schulsozialarbeiterin Andrea Tups hat das Projekt an die Realschule geholt. „Ich bekam eine Information über das Angebot und fand es sehr ansprechend – man muss die Schüler da abholen, wo sie stehen“, erklärt sie. „Wichtig ist immer die Finanzierbarkeit“, stellt Schulleiter Jürgen Bosse fest – in diesem Fall besonders günstig, denn die Workshops sind kostenlos. Sechs Klassen der Jahrgangsstufen acht und neun nahmen daran teil. Die Schüler haben die Möglichkeit, ihr fertiges Projekt bei „Think Big“einzureichen und dort finanzielle und ideelle Unterstützung zur Realisierung zu erhalten.
Helferin Caro (24)erklärt, was möglich ist: „Ich habe in Berlin das Projekt „Über den Tellerrand kochen“zur besseren Integration von Migranten gegründet, ein anderer Student die Plattform „Wohnsinn“als Ausgangspunkt für inklusive Wohngemeinschaften“berichtet sie. Wichtig sei, Aufmerksamkeit auf ein Problem zu lenken.