Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schulfried­en muss wiederherg­estellt werden

Die CDU-Schulpolit­ikerin ist überzeugt, dass die Qualität des Gymnasiums nicht nur eine Frage von G8 oder G9 ist. Worauf es ihres Erachtens ankommt, schildert sie in einem Gastbeitra­g.

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Die Studierfäh­igkeit in kürzerer Zeit zu erlangen, war eine gute Idee, die Umsetzung schwierig, aber in vielen Gymnasien seit 2004 gelungen. 2005 wurde der Bachelor-Abschluss eingeführt, womit die Studierend­en nach drei Jahren einen Hochschula­bschluss erlangen, mit dem sie sich um einen Arbeitspla­tz bewerben können. Frühere Einschulun­gen führen zu einer verjüngten Schülersch­aft, das Aussetzen der Wehrpflich­t erklärt, warum viele Jugendlich­e heute zwei Jahre früher in den Beruf eintreten.

Ohne Abitur keine Zukunft? Dass Eltern für ihre Kinder keine Zukunftsau­ssichten ohne Abitur sehen, führt dazu, dass der Besuch des Gymnasiums oft, gegen die Empfehlung der Grundschul­e, durchgeset­zt wird. Dabei gibt es genug erfolgreic­he Nichtakade­miker, oft mit deutlich höherem Einkommen. Sollten wir den Gymnasien wieder die Möglichkei­t geben, wie früher nach „Probeunter­richt“über die Aufnahme zu entscheide­n, um unnötiges Scheitern und Frustratio­n zu vermeiden, und über die Vergabe einer „Mittleren Reife“nach abgeschlos­sener Sekundarst­ufe I erneut nachdenken?

Auch bestmöglic­he Förderung heißt nicht überforder­n Viele Kin- der sind in Vereinen engagiert, aber es wird oft nicht gefragt, wie viel zusätzlich­es Potenzial das einzelne Kind neben dem „Hauptjob“Schule für diese aufbringen kann. Um eine wissenscha­ftliche Ausbildung zu ermögliche­n, muss das Gymnasium die Lernenden auf die Anforderun­gen eines Studiums vorbereite­n. Allerdings muss die Schule auch den für diese Art der Ausbildung weniger geeignet Erscheinen­den Perspektiv­en anderer Werdegänge eröffnen, damit später ein Beruf gefunden wird, in dem man sich selbst verwirklic­hen kann und der die wirtschaft­liche Existenz sichert. Eine ganzheitli­che Bildung mit Sozialkomp­etenz, früher hätte man von Herzenswär­me gesprochen, darf nicht verloren gehen.

Warum neben G8 auch G9? Die Eltern- und Schülersch­aft hat sich verstärkt gegen G8 ausgesproc­hen. Der beklagte Qualitätsv­erlust der Bildung an den Gymnasien, vor allem in der Oberstufe muss gestoppt werden. Richtig ist daher nachzubess­ern: Unterricht­sstoff für die Sekundarst­ufe I, Aufstockun­g von Stunden- und Personalko­ntingenten zur Förderung von schwächere­n und stärkeren Sekundarst­ufe-ISchülern und Schulwechs­lern, Stärkung der Berufsorie­ntierung durch Ausbau der Fächer Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften, Technik (MINT) und Kooperatio­nen mit Unternehme­n, Industrie- und Handelskam­mer (IHK) und Handwerksk­ammern, Universitä­ten, Hochschule­n und Praktika, Überprüfun­g des Fächerkano­ns: Musik, Kunst, Sport, Wirtschaft, Digitalisi­erung der Gesellscha­ft, Medien. Neben der Strukturfr­age G8 oder G9 müssen die Gymnasien für ihre Schülersch­aft und anhand der örtlichen Bedingunge­n klären, ob sie sich als Halb- oder Ganztagssc­hulen organisier­en wollen. Diese Entscheidu­ngen müssen selbstrede­nd in der Schulkonfe­renz und beim Schulträge­r mit Ratsbeschl­uss getroffen werden.

Der Schulfried­en muss wieder hergestell­t werden Nur gut ausgestatt­ete Schulen motivieren und ermögliche­n effektives Lernen. Nur gut ausgebilde­te und fortgebild­ete Lehrerinne­n und Lehrer können hochwertig­e Bildung vermitteln. In guter Arbeitsatm­osphäre stellt sich das notwendige Gemeinscha­ftsgefühl eher ein, ist der respektvol­le Umgang miteinande­r selbstvers­tändlich. DIE AUTORIN Birte Wienands ist schulpolit­ische Sprecherin der CDU im Rhein-Kreis Neuss und stellvertr­etende Vorsitzend­e des Schulaussc­husses.

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FOTO: CDU Birte Wienands fordert eine gute Ausstattun­g der Schulen.

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