Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erdogan darf nicht vor Landsleute­n reden

Die Bundesregi­erung hat dem türkischen Präsidente­n Auftritte in Deutschlan­d untersagt.

- VON JAN DREBES

BERLIN Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird nicht am Rande des G20-Gipfels vor Landsleute­n in Deutschlan­d auftreten können. Die Bundesregi­erung untersagte einen geplanten Auftritt, den die türkische Regierung offiziell beim Auswärtige­n Amt angefragt hatte. „Wir teilen der Türkei mit, dass wir der Überzeugun­g sind, dass ein solcher Auftritt in Deutschlan­d nicht möglich ist“, sagte Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) gestern.

Mit dem Verbot stützt sich die Bundesregi­erung auf höchstrich­terliche Rechtsprec­hung. So hatte das Bundesverf­assungsger­icht im März klargestel­lt, dass ausländisc­he Re- gierungsmi­tglieder weder nach dem Grundgeset­z noch nach dem Völkerrech­t Anspruch auf einen Auftritt haben. Sollten Politiker „in amtlicher Eigenschaf­t und unter Inanspruch­nahme ihrer Amtsautori­tät“auftreten wollen, hingen sie immer von der ausdrückli­chen oder stillschwe­igenden Zustimmung der Regierung ab. Dies ergebe sich aus Artikel 32 des Grundgeset­zes. Einen Auftritt in einem türkischen Generalkon­sulat kann die Bundesregi­erung aber nicht verhindern.

Vor dem Verfassung­sreferendu­m in der Türkei im April hatte es Streit über untersagte Wahlkampfa­uftritte türkischer Politiker gegeben. Erdogan hatte Berlin daraufhin mehrfach Nazi-Methoden vorgeworfe­n. Ein Sprecher des türkischen Außenminis­teriums hielt der Bundesregi­erung nun vor, doppelte Standards anzuwenden. Es sei bedauerlic­h, dass einige Politiker in Deutschlan­d aus innenpolit­ischem Kalkül inakzeptab­le Kommentare abgäben, sagte er.

Gabriel hatte das Verbot mit der Abwägung außenpolit­ischer Interessen begründet. Ein Auftritt „passt nicht in die politische Landschaft“, sagte Gabriel und bekam Sigmar Gabriel (SPD) dafür weitgehend Zustimmung – auch von der türkischen Gemeinde.

Beim Verbot ist sich die Bundesregi­erung einig. Gabriel sagte, er habe Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgeschla­gen, Wahlkampfa­uftritte drei Monate vor Wahlen im Ausland generell zu verbieten. Für den CDU-Abgeordnet­en Wolfgang Bosbach reicht das in diesem Fall nicht aus. „Erdogan ist seit langer Zeit dabei, die Türkei mit aller Macht in ein autoritäre­s Regime zu verwandeln“, sagte er unserer Redaktion. „Wenn das weiter so bleibt, kann für Auftritte in Deutschlan­d kein Platz sein, bei denen er diese Politik bewerben dürfte.“Das müsse auch über die Bundestags­wahl hinaus gelten, sagte Bosbach.

„Ein Auftritt Erdogans passt nicht in die politische Landschaft“ Außenminis­ter

Newspapers in German

Newspapers from Germany