Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Ich würde die Arbeit vermissen“

Der Schauspiel­er empfindet seinen Beruf als großes Privileg. Heute wird er 75 Jahre alt.

-

MÜNCHEN (dpa) Schon seit mehr als einem halben Jahrhunder­t steht Friedrich von Thun vor der Kamera. Der Schauspiel­er gehört zu den bekanntest­en Gesichtern im deutschspr­achigen Fernsehen. Heute wird der Wahl-Münchner mit tschechisc­h-österreich­ischen Wurzeln 75 – und denkt noch lange nicht ans Aufhören.

Bei so vielen Rollen, die Sie schon gespielt haben – gibt es dann noch immer wieder etwas Neues, was Sie machen möchten?

FRIEDRICH VON THUN Ja, das ist ja genau das Fasziniere­nde an diesem Beruf. Dass man an einem Tag Bösewichte und dann wenige Tage später einen Hasenlehre­r spielt. In „Benjamin Blümchen“bin ich der Zoodirekto­r, dann bin ich ein bayerische­r Polizist und dann wieder ein Geschäftsm­ann, der irgendetwa­s unterschlä­gt. Ich mache in diesem Jahr auch wieder eine Dokumentat­ion für den ORF, „Die Habsburger­Akte“. Das ist das Wunderbare an unserem Beruf, dass wir uns immer mit neuen Dingen auseinande­rsetzen müssen. Das ist schön.

Kürzertret­en oder gar Ruhestand sind für Sie also kein Thema?

VON THUN Oh Gott, das ist ein wirklich bedrohlich­er Gedanke. Ich habe immer das gemacht, was ich gerne gemacht habe. Es ist ein Privileg und ein Glück, wenn man das sagen kann von seinem Beruf. Ich habe nie die Leute verstanden, die sagen, sie wollen endlich in Rente gehen, damit sie Briefmarke­n sammeln oder ihren Schreberga­rten pflegen können. Ich würde die Arbeit sehr vermissen. Und in meinem Beruf ist das noch möglich. In jeder Geschichte gibt es ja auch ältere Herrschaft­en.

Sie haben es geschafft, nie so richtig in eine Schublade gesteckt worden zu sein. Wie können Sie sich das erklären?

VON THUN Ja, das habe ich schwer versucht. Und das ist auch die Sehnsucht von einem Schauspiel­er, dass man eine Plattform hat, auf der man in alle Richtungen gehen kann. Es ist ja schwierig, gerade für junge Schauspiel­er. Die bekommen eine Serie angebo- ten, die auch finanziell interessan­t ist, und schon sind sie mit der Serie auch in einer Schublade drin. Es ist sehr schwierig, da wieder rauszukomm­en, und das macht den Beruf sehr komplizier­t. Und es heißt ja nicht, dass derjenige, der in einer Schublade steckt, nichts anderes kann. Es wird nur eben nichts anderes von ihm gefordert.

Entscheide­nd in Ihrem Beruf ist also nicht nur, welche Rollen man annimmt, sondern auch, welche man ablehnt?

VON THUN Unbedingt. Eine Strategie ist nötig. Das macht es gerade für junge Schauspiel­er nicht einfach. Denn natürlich ist die Versuchung groß, wenn man etwas angeboten bekommt, was zwar ein ziemlicher Quatsch ist, aber wo man die Hauptrolle spielt. Jeder muss schließlic­h von etwas leben. Da dann auch wirklich immer die richtigen Entscheidu­ngen zu treffen, ist schwierig.

Ist das vielleicht das Geheimnis, warum sie es geschafft haben, nie wirklich weg zu sein im Laufe Ihrer Karriere?

VON THUN Vielleicht. Ich betrachte es als großes Glück und bin sehr dankbar dafür. Das heißt ja nicht, dass es nicht mal besser und mal schlechter gegangen ist. Aber ich war immer zufrieden und glücklich in dem Beruf.

 ?? FOTO: DPA ?? Friedrich von Thun
FOTO: DPA Friedrich von Thun

Newspapers in German

Newspapers from Germany