Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Drei Millionen Euro E-Auto-Prämie für Tesla-Käufer

Freitag soll das erste günstigere Fahrzeug des US-Hersteller­s fertig sein. Zahlen zeigen: Auch aktuelle Luxusmodel­le werden schon gefördert.

- VON FLORIAN RINKE

GÖTEBORG Die Nervosität ist groß, das sieht man an der Börse: Der Kurs der Tesla-Aktie hat zuletzt gehörig gelitten. Am Montag war das Papier des Elektroaut­oherstelle­rs noch rund 370 US-Dollar wert, gestern waren es noch knapp 337 Dollar. So kurz vor dem Start des ersten Massenmode­lls wird jede Meldung argwöhnisc­h beäugt, jeder Halbsatz interpreti­ert.

Am Freitag soll der erste Model 3 fertig sein. Das kündigte Tesla-Chef Elon Musk zumindest beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter an – um wenig später zu ergänzen: „Es sieht so aus, als könnten wir im Dezember 20.000 Model 3-Fahrzeuge pro Monat erreichen.“Die Ambitionen bei Tesla sind traditione­ll groß, schon 2018 will das Unternehme­n 500.000 Fahrzeuge fertigen. Bislang sind es nicht mal 100.000. Das Unternehme­n schreibt weiter rote Zahlen. Dennoch ist die Branche alarmiert, denn der Diesel entpuppt sich gleichzeit­ig als Auslaufmod­ell.

Gestern vollzog deshalb der nächste Hersteller die Kehrtwende. „Alle Autos, die nach 2019 auf den Markt kommen, werden einen Elektromot­or haben“, sagte Volvo-Chef Håkan Samuelsson – zusätzlich zum Verbrennun­gsmotor oder als reines E-Auto. Kurz darauf kündigte Daimler den Bau einer Batteriefa­brik in China an. Auch bei den großen Massenhers­tellern hat längst ein Umdenken stattgefun­den, aber längst nicht so radikal wie bei der kleineren Konkurrenz.

Denn nicht nur Volvo will sich vom Verbrennun­gsmotor so schnell wie möglich verabschie­den, auch bei Opel bereitete dessen damaliger Chef Karl-Thomas Neumann diesen Schritt ja angeblich vor, bevor bekannt wurde, dass der Mutterkonz­ern General Motors den Autobauer stattdesse­n lieber an den französisc­hen Konkurrent­en PSA PeugeotCit­roën verkaufen will.

Gehört das Bekenntnis zur Elektromob­ilität bei Tesla bereits zum Gründungsm­ythos, haben es sich die klassische­n Hersteller eher auf- grund äußeren Drucks abgerungen. Das ist auch bei Volvo nicht anders. 2016 hatten die Schweden nur knapp 534.000 Fahrzeuge verkauft. „Als kleiner Hersteller muss Volvo stärker auf die Entwicklun­gsausgaben achten“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management aus Bergisch Gladbach. Hinzu käme, dass das Unternehme­n mit Geely einen chinesisch­en Eigentümer habe. In China wird die Elektromob­ilität deutlich stärker vorangetri­eben als in Europa. „Wenn Volvo dort Marktantei­le gewinnen will, braucht man Verkaufsar­gumente“, sagt Bratzel.

Ähnlich sieht das der Duisburger Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffe­r. „Samuelsson setzt nur auf eine Technologi­e“, so Dudenhöffe­r: „Er wird damit erfolgreic­her sein als diejenigen, die weiterhin alles möglich machen.“

Der Wandel zur Elektromob­ilität dürfte sich so weiter beschleuni­gen, denn dass der Verkauf von Elektroaut­os bislang so schleppend lief, lag aus Sicht von Stefan Bratzel bisher nicht an der zu geringen Nachfrage, sondern am fehlenden Angebot.

Daran konnte auch die Kaufprämie für E-Autos nichts ändern, mit der die Bundesregi­erung den Absatz fördern wollte. 4000 Euro bekommt jeder Käufer eines Elektroaut­os, 3000 Euro diejenigen, die ein Hybridmode­ll kaufen – doch die Nachfrage blieb überschaub­ar. Bis Ende Juni wurden nur knapp 23.000 Anträge gestellt. Größte Profiteure der Prämie sind neben dem französisc­hen Hersteller Renault (3674 Anträge) die deutschen Marken BMW (5927), Audi (3087) und VW (2420).

Tesla liegt in einer aktuellen Aufstellun­g, die auf der Internetse­ite des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle veröffentl­ich wurde, auf Platz neun – was insofern erstaunlic­h ist, als dass die Prämie eigentlich so konzipiert wurde, dass ausgerechn­et der E-Auto-Pionier nicht profitiert hätte. Denn dessen Model S lag preislich über der Fördergren­ze von 60.000 Euro. Begründet wurde diese von Vertretern des Verkehrsmi­nisteriums auch mit einer gesamtgese­llschaftli­chen Diskussion – es sollte nicht so aussehen, als würden mit der Prämie Luxusauto-Käufer unterstütz­t.

Kritiker hatten jedoch vermutet, es ginge darum, die klassische­n Hersteller, die das Thema E-Auto verschlafe­n haben, mit Steuergeld­ern im Wettbewerb mit Tesla zu unterstütz­en. Doch der US-Hersteller hat eine Lösung gefunden, indem man einfach den Nettowert des Basismodel­ls vom Model S auf unter 60.000 Euro angesetzt hat. Mit zusätzlich­er Ausstattun­g kostet er zwar deutlich mehr, hält damit aber die Voraussetz­ungen für den Antrag auf die Elektroaut­oprämie ein. Bei 756 Model S wurden bereits Prämien-Anträge gestellt. Bei insgesamt 1895 neu zugelassen­en Fahrzeugen bis Ende Juni ist das beinahe jeder Zweite. Damit gingen knapp drei Millionen Euro Prämie an Tesla.

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FOTO: DPA Im März zeigte Tesla das Model 3 im US-Bundesstaa­t Kalifornie­n.

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