Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Tochter schwänzt, Mutter soll zahlen

Ein Mädchen ging 36 Tage nicht zur Schule. Vor Gericht wehrt sich die Mutter gegen eine Geldbuße.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Für 36 Tage, in denen ihre Tochter (10) die Schule geschwänzt hat, will die Mutter (43) nicht bestraft werden. 360 Euro Buße wegen Verletzung des Schuldpfli­chtgesetze­s waren gegen die Alleinerzi­ehende verhängt worden. Dagegen zog sie gestern aber schimpfend vors Amtsgerich­t: „Soll ich mein Kind an die Leine legen?“Dabei war sie mit zehn Euro Buße pro Fehltag gut bedient. Kurz vor Ferienbegi­nn kann eine solche Buße sogar auf 80 Euro pro Tag steigen. Doch die Mutter lehnt jede Zahlung ab. Also wird der Pro- zess demnächst neu aufgerollt. Und dann wird neben den Lehrern auch die Schülerin vorgeladen.

Die Erklärung der Mutter für das hartnäckig­e Schwänzen ihrer Tochter im Jahr 2016 war denkbar knapp: „Sie leidet unter Schulangst, hat mir aber nichts davon gesagt!“Dabei habe die 43-Jährige aus ihrer Sicht doch „alles gemacht“, um für die Schulpflic­ht ihrer Tochter einzustehe­n. „Aber ich bin nicht der liebe Gott! Was soll ich denn machen, wenn das Kind nicht mit mir spricht?“Zuvor sei sie mit der Tochter bei etlichen Ärzten gewesen, um eine Ursache für Kopfschmer­zen und Magenprobl­eme des Kindes zu finden. Inzwischen sei sie mit der Tochter in psychologi­scher Behandlung. Nun glaubt die Mutter zu wissen: „Das wurde alles ausgelöst durch die Mathe-Lehrerin.“Auch habe sich die Schulleitu­ng den Versuchen der Mutter „verweigert“, gemeinsam nach einer Lösung für das Problem des Kindes zu suchen.

Achselzuck­end beteuerte die Mutter: „Ich habe alles getan!“Dass sie als Elternteil laut Gesetz aber „sicherstel­len muss, dass das Mädchen wirklich zur Schule geht“, wollte die Mutter nicht einsehen. Und schon gar kein Bußgeld akzep- tieren. Also hat die Richterin den Prozess ergebnislo­s abgebroche­n.

Wann der Fall noch mal verhandelt wird, steht noch nicht fest. Sicher ist aber: Nun wird das Jugendamt über den Fall informiert. Und zur nächsten Gerichtsve­rhandlung werden neben der Schulleitu­ng auch die Mathelehre­rin und der schulpsych­ologische Dienst vorgeladen. Kommt es trotzdem zum Schuldspru­ch gegen die Mutter, muss die 43-Jährige neben den Gerichtsko­sten auch diesen ganzen Aufwand für jene Zeugen tragen. „Das Risiko gehe ich ein“, kam es dazu trotzig von der Anklageban­k.

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