Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Museumsbes­uch beginnt heute im Netz

Der designiert­e Museumsdir­ektor hegt interessan­te Pläne für den Kunstpalas­t. Die Kunststadt Düsseldorf hat noch Potenzial, sagt er.

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DÜSSELDORF Zurzeit macht Felix Krämer (45) zwei Jobs, bereitet seinen Dienstantr­itt am Museum Kunstpalas­t zum 1. Oktober vor und gleichzeit­ig eine große MatisseBon­nard-Ausstellun­g an seiner Noch-Wirkungsst­ätte, dem Frankfurte­r Städelmuse­um. Mit drei Kindern, (4, 9, 14) und seiner Frau, einer Kunsthisto­rikerin, will der in Cambridge geborene Deutsch-Brite schnell nach Düsseldorf umsiedeln. Er ist derzeit intensiv auf Wohnungssu­che, Schulen und Kita müssen auch gefunden werden. So hetzt er ein wenig von einem Termin zum nächsten. Ganz in Ruhe treffen wir uns im Ehrenhof zu einem ersten Gespräch.

In welchem Museum fühlen Sie sich besonders wohl?

KRÄMER In sehr vielen; dazu gehört, dass mich Kunst persönlich berührt und ich das Gefühl habe, dass die Werke mir neue Perspektiv­en eröffnen.

Wie wollen Sie den Kunstpalas­t zum Lieblingsm­useum möglichst vieler Menschen machen?

KRÄMER Für Formeln ist es noch zu früh. Das Museum Kunstpalas­t hat ein Alleinstel­lungsmerkm­al: Es ist kein reines Bildermuse­um. So ein Haus gibt es in der Region kein zweites Mal, man muss die Vielfalt selbstbewu­sst ausspielen.

Was hat Sie eigentlich für Düsseldorf eingenomme­n?

KRÄMER Die Vielfalt von Malerei, Skulptur, Fotografie, Design, Glas, Asiatika, Schmuck, islamische­r Kunst, Zeichnung – das alles unter einem Dach. Da stelle ich mir vor, dass man das zusammen erlebt. Zudem gibt es kaum eine zweite Stadt mit einem so hohen kreativen Potenzial. Diese Situation birgt eine großartige Chance.

Ist diese Sammlung nicht auch schwer zu fassen?

KRÄMER Man darf keine Schubladen pflegen. Es wird erst spannend in dem Moment, wo die Schubladen zu klein sind. Mir ist Emotion wichtig; Ärger und Reibung und lieber noch Freude und Begeisteru­ng. Hauptsa- che, die Beschäftig­ung mit Kunst ist nicht langweilig.

Was war Ihr größter Ausstellun­gserfolg?

KRÄMER Wenn Sie meine älteste Tochter fragen, dann war das die Ausstellun­g des Malers Hans Thoma im Städel. Weil sie den Kunstrasen und die Art der Präsentati­on „einfach cool“fand. Wenn Sie meinen ehemaligen Direktor fragen, dann war das sicherlich die große MonetAusst­ellung – wegen des hohen Besucherzu­spruchs.

Und wenn ich Sie frage?

KRÄMER Meine erste Ausstellun­g zu Vilhelm Hammershoi, die ich noch als Student machen durfte, weil der Direktor der Hamburger Kunsthalle mir das zugetraut hat.

Wie sieht Ihr Zielpublik­um aus?

KRÄMER Ich will alle Menschen ansprechen, niemanden ausgrenzen. Das ist der Auftrag eines öffentlich­en Museums. Wir sind ein Haus mit einem hohen Anteil öffentlich­er Gelder, das allen Bürgern gehört.

Eine Zauberform­el heißt Digitalisi­erung. Wie geht ein Museum online?

KRÄMER Viele digitale Maßnahmen sind nötig, damit ein Museum Zuspruch findet. Der Museumsbes­uch beginnt heute im Netz, beim Anklicken der Seite. Man zeigt, was man hat. Da muss spontan die Lust auf den Besuch geweckt werden.

Dafür braucht man Spezialist­en.

KRÄMER Das ist klar, aber da weiß ich die Stadt hinter mir. Es gibt wundervoll­e Tools, Werkzeuge, mit denen man sich auf einer Seite bewegt, etwa ein Zoom auf die Werke. So kommt man ganz nah an das Bild heran und verspürt vielleicht spontan Lust, es vor Ort anschauen zu gehen. Hier liegt aber noch viel Arbeit vor uns.

Wie wollen Sie das denkmalges­chützte Areal beleben?

KRÄMER Eigentlich ist der Ehrenhof mit seiner anschließe­nden Allee eine Steilvorla­ge, um dies alles interdiszi­plinär zu bespielen. Er umfasst ein tolles Ensemble, gleich hinter dem belebten Rheinufer. Das ist ein Pfund, mit dem Düsseldorf wuchern sollte.

Wie wichtig sind für Sie Besucherza­hlen?

KRÄMER Wichtig! Ich würde keine Ausstellun­g machen, von der ich vorher schon weiß, dass sie niemand anschauen mag. Kunst lebt doch erst durch die Betrachtun­g.

Wie wollen Sie es künftig in Düsseldorf mit Blockbuste­rn halten, mit Ausstellun­gen, die alleine vom Namen her Massen ziehen können?

KRÄMER Auch da gilt: Das Wichtigste ist, die Menschen zu berühren. Blockbuste­r ist keine Kategorie, in der ich denke, auch wenn ich viele Ausstellun­gen mit großen Namen der Kunstgesch­ichte gemacht habe. In einer Ausstellun­g argumentie­ren wir über Bilder, verhandeln die Welt und das Leben. Das muss man intelligen­t anstellen, um möglichst viele Menschen zu erreichen.

Der Nachwuchs schaut lieber ins Handy, die Jugend hat völlig neue Sehgewohnh­eiten und bleibt meist nicht ergriffen vor einem Bild stehen.

KRÄMER Die Sehgewohnh­eiten verändern sich halt. Darauf sollte auch ein Museum reagieren, weshalb es wichtig ist, sich neben der realen Präsentati­on von Kunst auch intensiv Gedanken zu deren digitaler Aufbereitu­ng zu machen.

Werden Sie als Museumsche­f die hier ansässige Künstlersc­haft berücksich­tigen? Ich fände das schön.

KRÄMER Wir haben hier die Akademie und so viele großartige Künstler in der Stadt – natürlich soll dieses im Museum Kunstpalas­t abgebildet werden.

Damit würden Sie was erreichen?

KRÄMER Dass Düsseldorf als Kunststadt ein noch größeres Gewicht erhält. ANNETTE BOSETTI FÜHRTE DAS GESPRÄCH

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Hohes Potenzial bescheinig­t er dem Ensemble am Ehrenhof: Felix Krämer, ab 1. Oktober Chef im Düsseldorf­er Kunstpalas­t, will das Areal beleben.

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