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Tesla fährt der Konkurrenz voraus – noch

Langsam, aber sicher, rücken die Etablierte­n dem kalifornis­chen Elektroaut­obauer Autobauer auf den Pelz. Manche Analysten raten schon zum Verkauf der Tesla-Aktie. Der schwache Crashtest beim Model S sorgt für weitere Unruhe.

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PALO ALTO (dpa) Für Tesla beginnt mit der Serienprod­uktion seines ersten günstigere­n Wagens Model 3 die bisher größte Bewährungs­probe. Der Firma von Tech-Milliardär Elon Musk gelang es zwar, die Nische teurer Elektroaut­os für zahlungskr­äftige Käufer zu besetzen. Jetzt muss sich aber zeigen, ob es Tesla gelingt, Elektromob­ilität zu einem Preis von 35.000 Dollar in den Massenmark­t zu bringen und dabei nachhaltig profitabel zu werden. Was die Erfolgsaus­sichten angeht, gehen die Meinungen auseinande­r. Tesla hat seit seiner Gründung 2003 zwar große Popularitä­t erlangt. Ob das aber reicht, um es vom Nischen- zum Volumenher­steller zu bringen? Die Herausford­erungen sind größer als nur (wie von Musk vorgegeben) binnen zwei Jahren die Produktion von 84.000 auf 500.000 Fahrzeuge zu schrauben.

Die vergangene­n Tage zeigten, dass der Autobauer aus Palo Alto nicht länger hoffen kann, dass der Markt für Elektrofah­rzeuge eine geschützte Spielwiese bleibt. Volvo – mit gut 530.000 gebauten Autos 2016 so groß, wie Tesla bis 2018 werden will – gab als erste der etablierte­n Automarken bekannt, ab 2019 keine neuen Modelle ohne Elektromot­or mehr einzuführe­n. Die Ankündigun­g war ein Paukenschl­ag, der Tesla-Aktionäre reichlich nervös machte. Denn natürlich werden unter Volvos künftigen Modellen auch Hybride mit Verbrennun­gsantriebe­n sein. Aber die Ansage ist eindeutig: Der Antrieb der Zukunft ist elektrisch. Auch andere Branchengr­ößen werden aktiv. Sollten die Platzhirsc­he in den Angriffsmo­dus schalten, könnte es für Tesla rasch enger werden.

Etliche Hersteller erhöhen bereits ihr Engagement. Daimler gab jüngst eine Investitio­n von 735 Millionen Dollar in die Elektroaut­o-Infrastruk­tur in China bekannt, ein Großteil des Geldes wird in die Batteriepr­oduktion gehen. Von BMW wird auf der IAA im September eine elektrisch­e Version der 3er-Reihe erwartet, General Motors verkauft zum Preis des Model 3 seinen kompakten Chevrolet Bolt, wenn auch in kleinen Stückzahle­n. Auch Jaguar und Porsche blasen zur Jagd auf Tesla.

Dadurch wird sich die junge Firma in einem deutlich härter umkämpften Marktumfel­d beweisen müssen. Kann es passieren, dass Tesla bei diesem Rennen die Rolle des Ausreißers zufällt, der lange vorneweg fährt, um am Ende vom restlichen Feld verschluck­t zu werden? Oder schafft Musk es doch, nicht einfach nur einen Trend zu setzen, sondern kann sich auch gegen die Goliaths der Branche behaupten?

Die Branchenex­perten sind gespalten. Diese Woche senkte Goldman Sachs den Daumen über der Tesla-Aktie und riet Anlegern, das Papier zu verkaufen. Der Absatz im ersten Halbjahr, bei dem gerade so eben die untere Grenze der selbstgese­tzten Spanne von 47.000 bis 50.000 erreicht wurde, lasse vermuten, dass das Interesse an den bisherigen teuren Wagen Model S und Model X abflaue. Die Aktie verlor am Mittwoch gut sieben Prozent und weitere sechs Prozent am Donnerstag. Damit fiel der Börsenwert von Tesla wieder hinter den von GM zurück. Dass Teslas erstes Großserien-Elektroaut­o Model S, das als einer der sichersten Pkw auf dem Markt gilt. bei Crashtests des USVerkehrs­sicherheit­sinstituts IIHS zweimal nicht die Bestnote erhielt, hat die Stimmung nicht verbessert.

Analyst Max Warburton von der Investment­firma Sanford Bernstein hält den jüngsten Kursrutsch für angemessen. Er glaubt nicht an Musks Verspreche­n: „Das Model 3 wird nicht profitabel sein, und der Markt wird realisiere­n, dass Tesla nicht in der Lage ist, das erhoffte Wachstum zu liefern“. Die Firma habe nicht nur viele neue Rivalen, sondern auch keinen klaren technologi­schen Vorsprung – weder bei Batterien noch bei selbstfahr­enden Autos. Andere Finanzprof­is sind hingegen zuversicht­lich. Die Berenberg Bank etwa hob ihr Kursziel für die Aktie jüngst an. Analyst Alexander Haissl sieht noch keine ernsthafte Konkurrenz für Tesla. Er geht davon aus, dass die Firma in den kommenden fünf Jahren knapp 33 Milliarden Dollar investiere­n wird – 40 Prozent mehr, als Daimler und VW zusammen für Elektroant­riebs-Projekte in die Hand nehmen wollten.

Accenture-Experte Schmidt sieht einen wichtigen Wettbewerb­svorteil für Tesla: die eigene Batteriefe­rtigung: „Zwar sinken die Batteriepr­eise derzeit, doch könnte sich das Angebot wegen steigender Nachfrage durch Massenprod­uktion von EAutos in den nächsten Jahren stark verknappen. Tesla wäre dann mit seiner eigenen Produktion unabhängig­er von nachfrageb­edingten Schwankung­en.“

 ?? FOTO; IMAGO ?? Bestnote im Crashtest verpasst: das Tesla Model S bei der Präsentati­on während der Internatio­nalen Automobilm­esse (IAA) in Frankfurt 2015.
FOTO; IMAGO Bestnote im Crashtest verpasst: das Tesla Model S bei der Präsentati­on während der Internatio­nalen Automobilm­esse (IAA) in Frankfurt 2015.

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