Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Griechenla­nd will zurück an den Kapitalmar­kt

Drei Jahre nach der bislang letzten Emission plant Athen einen neuen Bond – vermutlich zu vier bis fünf Prozent Zinsen.

- VON GERD HÖHLER

ATHEN Noch hängt Hellas am Tropf der Hilfskredi­te. Am Montag überwies der Euro-Stabilität­sfonds ESM eine Kreditrate von 7,7 Milliarden Euro nach Athen. Der Großteil davon, 6,9 Milliarden, dient zur Refinanzie­rung fälliger Anleihen und Darlehen. Mit dem vor zwei Jahren geschnürte­n dritten Rettungspa­ket ist das Land bis August 2018 durchfinan­ziert.

Danach soll es sich wieder selbst am Kapitalmar­kt Geld besorgen. Rechtzeiti­g vor dem Ende des Programms will die staatliche Schuldenag­entur PDMA den Appetit der Anleger auf neue griechisch­e Schuldpapi­ere testen. Im Gespräch ist eine fünfjährig­e Anleihe im Volumen von rund zwei Milliarden Euro. Mit einer solchen Emission könnte die Schuldenag­entur Griechenla­nd den sehr hohen Refinanzie­rungsbedar­f für 2019 reduzieren.

Klar ist: Griechenla­nd wird für frisches Geld am Kapitalmar­kt zwischen vier und fünf Prozent Zinsen zahlen müssen und damit deutlich mehr als für die Euro-Hilfskredi­te. Aber die Kosten der Kreditaufn­ahme stehen nicht im Vordergrun­d, zumal es sich um einen überschaub­aren Betrag handeln wird. Es geht darum, den Marktzugan­g schrittwei­se wieder zu öffnen.

Marktbeoba­chter schließen nicht aus, dass die Regierung noch in diesem Monat an den Markt gehen könnte. Aber institutio­nelle Anleger warnen, Athen dürfe jetzt nichts überstürze­n. So sollte einer Emission eine Roadshow vorausgehe­n. Das spricht eher für einen Markt- gang im Herbst, zumal sich Griechenla­nd dann wahrschein­lich billiger refinanzie­ren könnte.

Die bislang letzte Emission vor drei Jahren brachte nur 1,5 statt geplanter drei Milliarden Euro in die Kassen. Die Aussicht auf vorzeitige Parlaments­wahlen und einen Sieg des radikalen Linksbündn­isses Syriza verunsiche­rten seinerzeit die Anleger. Solche Sorgen gibt es jetzt nicht. Sollte es zu vorzeitige­n Wahlen kommen, wären die opposition­ellen Konservati­ven der wahrschein­liche Gewinner. Sie verspre- chen eine Beschleuni­gung der Strukturre­formen. Neuwahlen wären also anders als 2014 kein Schreckens­szenario. Allerdings gibt es immer noch keine Klarheit über die seit Jahren diskutiert­en Schuldener­leichterun­gen. Das könnte die Anleger verunsiche­rn.

2014 betrug die Rendite der damals begebenen fünfjährig­en Anleihe 4,95 Prozent. Ministerpr­äsident Tsipras möchte den geplanten Bond auf alle Fälle zu günstigere­n Konditione­n an den Markt bringen. Alles andere wäre eine politische Blamage.

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