Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Wir wollen mit mehr Risiko spielen“
Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf peilt einen Platz unter den ersten sechs an.
MARIA ALM Friedhelm Funkel wirkt tiefenentspannt. Der 63-jährige Fußballlehrer weilt mit dem Zweitligisten Fortuna Düsseldorf im Trainingslager im Salzburger Land, ist mit den Bedingungen dort hochzufrieden und zuversichtlich für die neue Saison.
Herr Funkel, in der Vorsaison war Fortuna bis kurz vor dem Ende vom Abstieg bedroht. Jetzt hat die Vereinsführung einen Platz unter den ersten sechs als Ziel ausgegeben – ist das nicht sehr mutig?
FUNKEL Nein, ich habe ja selbst gesagt, dass wir uns stabilisieren und ein Stück weiter nach oben kommen wollen. Und wir hätten schon in der vergangenen Saison aufgrund unserer Chancen zehn Tore mehr schießen müssen – dann wären wir da schon Sechster gewesen. Wir müssen jedoch effizienter werden.
Sie haben nach Saisonende Verstärkungen gefordert, die mehr Tempo ins Spiel bringen. Ist das bereits gelungen?
FUNKEL Sicher ist Niko Gießelmann, den wir aus Fürth geholt haben, ein sehr schneller Spieler, und der kroatische U19-Nationalspieler Davor Lovren auch. Aber Davor ist eben noch sehr jung und braucht Zeit. Wir müssen und werden sicher noch drei weitere Spieler verpflichten.
Welche Spielertypen suchen Sie noch?
FUNKEL Junge Leute haben wir jetzt genug. Im Kader stehen zehn Spieler, die 21 Jahre und jünger sind, insgesamt 15, die 23 und jünger sind. Das ist enorm. Ich wage zu behaupten, so viele hat kein anderer Verein im Profifußball. Wer jetzt noch kommt, sollte im Idealfall ein bisschen Erfahrung mitbringen und das entsprechende Alter haben.
Und Offensivspieler?
FUNKEL Wir brauchen mindestens noch einen Stürmer, gerne auch zwei. Dann wird auch die Konkurrenz für Rouwen Hennings größer, und ich kann ihn mal draußen lassen, wenn Form und Fitness mal nicht so stimmen sollten bei ihm.
Aber Sie bleiben bei einem Stürmer?
FUNKEL Nein, mein System ist variabel. Wenn ich zwei gute Stürmer habe und beide sind in guter Form – warum soll ich dann nicht mit zwei Spitzen spielen?
Manch einer wirft Ihnen vor, nicht offensiv genug agieren zu lassen.
FUNKEL Kritiker wird es immer geben. Aber wir wollen in der neuen Saison ja auch das Tempo erhöhen, schneller umschalten und nach vorn spielen, auch mit mehr Risiko. Aber es muss ein kalkuliertes Risiko bleiben.
Sie haben vieles erlebt in Ihrer langen Karriere. Was reizt Sie jetzt an Fortuna besonders?
FUNKEL Eine spannende Aufgabe ist zum Beispiel, durch unsere jungen Leute für mehr Konkurrenzdruck zu sorgen. Einige von ihnen sind dazu schon in der Lage. Und es macht sehr viel Spaß, Spieler weiterzuentwickeln.
Wie Marcel Sobottka?
FUNKEL Wie er, oder wie Kaan Ayhan und Ihlas Bebou, von dem ich inständig hoffe, dass er bei uns bleibt. Von Marcel Sobottka glaube ich, dass er einen großen Schritt machen kann. Weil er im Kopf vollkommen klar ist und Verantwortung übernimmt, statt nur davon zu reden. Marcel ist ein Charakterspieler. Ich erwarte sehr viel von ihm, und er kann diese Erwartungen erfüllen.
Was halten Sie von Florian Neuhaus, den Gladbach für ein Jahr an Fortuna ausgeliehen hat?
FUNKEL Er ist sehr jung und wird bestimmt keine 34 Spiele machen. Aber er erinnert mich an Julian Weigl, den ich bei 1860 München aus der Jugend geholt hatte. Manchmal nenne ich Florian im Training „Julian“, und er grinst dann immer und sagt: „Ist schon okay, Trainer.“
Welche Ziele haben Sie selbst noch?
FUNKEL Ich würde gern meinen sechsten Aufstieg in die Bundesliga schaffen – dann ist auch sicherer, dass da kein anderer Trainer mehr drankommt. Das heißt aber nicht, dass das im nächsten Jahr gelingt! Für so etwas gibt es keine Garantien.
Ende der Saison gab es Leute, die Ihre Position in Frage gestellt haben. Belastet Sie so etwas noch?
FUNKEL Wissen Sie, wenn ich nicht souverän bin, wer soll es denn sonst sein? Mir geht es unglaublich gut, ich habe eine wunderbare Frau, wunderbare Kinder und sehr gute Freunde. Das alles und meine Erfahrung geben mir einen Schuss Gelassenheit, den ich auf meine Mannschaft übertragen kann. Ganz ehrlich: Was soll mir schon passieren? BERND JOLITZ FÜHRTE DAS GESPRÄCH.