Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

RWE zieht Erdwälle um den Tagebau

Der Konzern bereitet sich auf das nächste Klima-Camp im August vor. Garzweiler wird mit Erdwällen und Zäunen umfriedet, um Kohlegegne­rn deutlich zu machen, wo das Betriebsge­lände und letztlich der Hausfriede­nsbruch beginnt.

- VON WILJO PIEL

GREVENBROI­CH Rund um den Tagebau Garzweiler haben gestern Morgen ungewöhnli­che Arbeiten begonnen: Die etwa 35 Quadratkil­ometer große Grube wird komplett umfriedet – mit Erdwällen, Zäunen und jeder Menge Verbotschi­ldern. Spätestens bis zum 18. August sollen diese Aktivitäte­n beendet sein. Denn dann beginnt das nächste Klima-Camp im Revier.

Die letzte große Aktion der Braunkohle­gegner im Rheinland sorgte bundesweit für Furore: Im August 2015 waren trotz eines massiven Polizeiein­satzes rund 800 Aktivisten der Protest-Aktion „Ende Gelände“in den Tagebau eingedrung­en. Szenen wie diese will RWE künftig verhindern. „Vor allem, weil die Unfallgefa­hr auf unserem Betriebsge­lände sehr groß ist“, sagt Sprecher Guido Steffen. „Wer unbefugt in den Tagebau eindringt, spielt mit seiner Gesundheit, möglicherw­eise sogar mit seinem Leben.“

Um das deutlich zu machen, schütten jetzt Raupenfahr­zeuge anderthalb Meter hohe Wälle um die Grube. Sie sollen signalisie­ren: Bis hierhin und nicht weiter. Im Abstand von 50 Metern werden zusätzlich Schilder in den Erdhaufen gerammt. Sie weisen auf den Beginn des Betriebsge­ländes hin – und auf die Absturzgef­ahr an der Tagebaukan­te. Vor allem die bis zu 40 Meter hohen Arbeitsbös­chungen in der Nähe der großen Bagger haben es in sich. „Sie sind instabil und können beim Betreten schnell abbrechen“, warnt Guido Steffen. „Wer so etwas wagt, läuft Gefahr, mit Tonnen von Erdreich in die Tiefe gerissen und verschütte­t zu werden.“

Zusätzlich – dort wo Rekultivie­rung und Verkippung ineinander übergehen – sollen Weidezäune aufgestell­t werden. Darüber hinaus werden Schranken an allen Wegen montiert, die zum Betriebsge­lände führen. „Das ist für uns ein großer Aufwand – auch finanziell“, sagt Steffen, der „von einigen tausend Euro“spricht. Was angesichts von kilometerl­angen Wällen und Zäunen sowie mehreren hundert Schildern maßlos untertrieb­en ist.

Der Sicherheit­saspekt ist die eine, die Justiz die andere Seite der Aktivitäte­n rund um Garzweiler. Zuletzt waren vor dem Amtsgerich­t Grevenbroi­ch drei Tagebaugeg­ner der Protestakt­ion „Ende Gelände“freigespro­chen worden. Sie mussten sich wegen Hausfriede­nsbruchs verantwort­en – doch das Gericht entschied, dass dafür ein unabdingba­res Tatbestand­smerkmal fehlte: Das Betriebsge­lände muss durchgängi­g eingefried­et sein, so verlangt es das Strafgeset­zbuch. Und diese durch- gängige Umfriedung war bislang nicht vorhanden. „Das holen wir jetzt nach“, sagt Steffen.

Das nunmehr achte Klima-Camp im Rheinland läuft vom 18. bis zum 23. August mit einem Bildungs- und Kulturprog­ramm. „Im Anschluss wird es Protestakt­ionen bis zum 29. August geben“, sagt Sprecher Christophe­r Laumanns, der „tausende Menschen aus ganz Europa erwartet“.

Es seien etliche Dinge geplant – von der Menschenke­tte über eine Fahrraddem­o bis hin zur Sitzblocka­de. „Ende Gelände“kündigt im Internet zudem „weitere Aktionen zivilen Ungehorsam­s“an. Im vergangene­n Jahr hatten Aktivisten dieser Gruppe mehrere TagebauAnl­agen in der Lausitz besetzt und die Kohleinfra­struktur für mehr als 48 Stunden lahmgelegt.

RWE rüstet sich für das nächste Klima-Camp – nicht nur im Tagebau. „Auch in den Kraftwerke­n, an der Nord-Süd- und Hambachbah­n werden wir entspreche­nde Maßnahmen treffen“, sagt Guido Steffen. Einzelheit­en will er allerdings zurzeit nicht bekanntgeb­en. Was feststeht: RWE-Mitarbeite­r werden sich in die „Höhle des Löwen“wagen und die Tagebaugeg­ner im Klima-Camp über die Gefahren aufklären, die eine Braunkohle­grube birgt. „Böschungen, Bandanlage­n, Baggerkett­en – da gibt es viele Stellen, an denen man sich Knochen brechen kann. Das muss den Leuten gesagt werden.“

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FOTO: RWE RWE-Mitarbeite­r Günter Lange rammt eines von mehren hundert Schildern in den Boden, die vor den Gefahren im Tagebau warnen sollen.

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