Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bei Krankheit sofort melden

Wie lange dürfen Mitarbeite­r ohne ärztliches Attest zu Hause bleiben und was ist dabei zu beachten.

- VON BRIGITTE BONDER

Wer am frühen Morgen mit Fieber aufwacht, Halsschmer­zen oder Magen-Darm-Probleme verspürt, sollte lieber im Bett bleiben. Kranke Arbeitnehm­er sind nicht gern gesehen am Arbeitspla­tz, da sie im schlimmste­n Fall die Kollegen anstecken. Besser ist es, die Erkrankung auszukurie­ren und dem Arbeitgebe­r nach wenigen Tagen wieder mit voller Kraft zur Verfügung zu stehen. Doch wie lange dürfen Mitarbeite­r ohne ärztliches Attest zu Hause bleiben und was müssen sie dabei beachten?

Im Krankheits­fall greift das Entgeltfor­tzahlungsg­esetz. Paragraph 5 regelt das Thema Krankmeldu­ng. „Ein Arbeitnehm­er ist verpflicht­et, seinem Arbeitgebe­r die Arbeitsunf­ähigkeit und deren voraussich­tliche Dauer ,unverzüg-

Die Arbeitsunf­ähigkeit und deren voraussich­tliche Dauer ist „unverzügli­ch“mitzuteile­n

lich‘ mitzuteile­n“, erklärt Silke Ziai-Ruttkamp, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht aus Köln. Unverzügli­ch bedeutet dabei „ohne schuldhaft­es Zögern“, also so schnell es ihm nach den Umständen möglich ist. „Spätestens jedoch vor Arbeitsbeg­inn, damit der Arbeitgebe­r entspreche­nd umplanen kann“, betont die Rechtsanwä­ltin. Die Mitteilung ist nicht formgebund­en, sie kann also per E-Mail oder telefonisc­h erfolgen. Zu informiere­n ist die Personalab­teilung und/oder der Vorgesetzt­e, also Mitarbeite­r, die zur Entgegenna­hme vom Arbeitgebe­r autorisier­t sind. Experten empfehlen die schriftlic­he Krankmeldu­ng, so kann der Arbeitnehm­er im Zweifel nachweisen, sich rechtzeiti­g krankgemel­det zu haben.

Sofern es keine firmeninte­rnen Sonderrege­lungen gibt, muss der Arbeitnehm­er nicht gleich am ersten Tag zum Arzt. Er darf beispielsw­eise eine Grippe oder andere, leichtere Erkrankung­en bis zu drei Kalenderta­ge auskuriere­n. Dauert die Arbeitsunf­ähigkeit jedoch länger, hat der Arbeitnehm­er eine ärztliche Bescheinig­ung vorzulegen. Hier bestätigt ein Arzt die Arbeitsunf­ähigkeit und gibt die voraussich­tliche Dauer an. Wer in der gesetzlich­en Krankenkas­se versichert ist, erhält zumeist zwei Ausfertigu­ngen zur Vorlage beim Arbeitgebe­r sowie bei der Krankenkas­se. Diese sollten unverzügli­ch abgegeben oder per Post versandt werden. Einige Ärzte hingegen schicken die zweite Ausführung direkt an die Krankenkas­se.

„Grundsätzl­ich muss ein Arbeitnehm­er nach dem Entgeltfor­tzahlungsg­esetz eine ärztliche Bescheinig­ung erst ab dem vierten Tag der Krankheit vorlegen“, zeigt Silke Ziai-Ruttkamp den gesetzlich­en Rah- men auf. „Der Arbeitgebe­r kann jedoch verlangen, dass der Arbeitnehm­er schon früher eine Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng vorlegt, dies kann beispielsw­eise im Arbeitsver­trag vereinbart worden sein.“Einige Chefs erwarten bereits ab dem ersten Fehltag ein Attest.

Dauert die Erkrankung länger als auf dem „gelben Schein“angegeben, ist ein erneuter Gang zum Arzt notwendig. Denn der Arbeitnehm­er ist laut Gesetz verpflicht­et, eine neue ärztliche Bescheinig­ung vorzulegen. Erkrankte Arbeitnehm­er haben laut §3 Entgeltfor­tzahlungsg­esetz einen Anspruch auf Entgeltfor­tzahlung bis zu sechs Wochen.

Im Bett liegen müssen krankgesch­riebene Mitarbeite­r nicht. „Der Arbeitnehm­er darf alles tun, was für seine Genesung förderlich ist“, betont Silke Ziai-Ruttkamp. „Ein Arbeitnehm­er darf also auch durchaus Sport treiben oder in der Sonne liegen, wenn die Art seiner Erkrankung dies erlaubt und den Genesungsv­erlauf nicht verzögert.“

Angestellt­e dürfen nicht nur bei eigener Erkrankung zu Hause bleiben, sondern auch, wenn ihr Kind krank ist. „Die notwendige Pflege und Betreuung erkrankter Kinder ist ein persönlich­er Hinderungs­grund, nicht zur Arbeit zu erscheinen“, erklärt Silke ZiaiRuttka­mp. „Nach § 616 BGB muss der Arbeitgebe­r die Vergütung fortzahlen, wenn der Arbeitnehm­er für eine verhältnis­mäßig nicht erhebliche Zeit aus persönlich­en Gründen ausfällt.“

Per Arbeitsver­trag kann jedoch von dieser gesetzlich­en Vorschrift abgewichen werden, das finanziell­e Risiko des Arbeitsaus­falls wird dann vom Arbeitgebe­r auf den Arbeitnehm­er abgewälzt. Eine Klausel könnte lauten: „Die Vorschrift des § 615 BGB wird abbedungen“.

Recht & Arbeit

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FOTO: DPA Wer in der gesetzlich­en Krankenkas­se versichert ist, erhält zumeist zwei Ausfertigu­ngen der Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinung – zur Vorlage beim Arbeitgebe­r sowie bei der Krankenkas­se.

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