Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wo der Hofhund das Butterrad antrieb

Baudenkmäl­er sind immer für Überraschu­ngen gut. Das hat Familie Karls aus Liedberg auch erfahren. Gemeinsam haben sie eine alte Hofanlage, den Danershof, in Wohnungen umgewandel­t. Dabei haben sie den Keller eigenhändi­g ausgehoben.

- VON MARION LISKEN-PRUSS

LIEDBERG Was tun, wenn sich eine historisch­e Hofanlage in Familienbe­sitz befindet, sie aber als Bauernhof ausgedient hat? Dann muss eine andere sinnvolle Nutzung her. Wie gut, wenn es in der Familie einen Bautechnik­er gibt und alle Geschwiste­r mit anpacken. Worum es geht? Um die nach ihren früheren Besitzern Danershof genannte Hofanlage in Liedberg. Ihre Geschichte reicht bis 1857 zurück, als die Familie Daners An der Tränke/Ecke Schlossstr­aße einen Bauernhof mit Wohnhaus, Scheune und Stallungen errichtete.

Als der Hof vor dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr genutzt wurde, pachtete ihn Nachbar Wilhelm Karls zunächst hinzu, um ihn später nach dem zweiten Weltkrieg zu kaufen. Der Danershof grenzte an seinen eigenen Hof an, und er lagerte Stroh und Landmaschi­nen in den Gebäuden. Doch die Zeiten änderten sich, und auch Familie Karls benötigte 25 Jahre später weder Scheune noch Stallungen. Also wurden die Gebäude in Wohnungen umgewandel­t. An diese Zeiten kann sich Hans-Willi Karls, der Enkel von Wilhelm Karls, noch gut erinnern: „Mein Vater war von Beruf Bautechnik­er und Polier. Er hat seine Stelle aufgegeben und von montags bis samstags den Danershof umgebaut – und das ein ganzes Jahr lang. Nach Feierabend und an den Wochenende­n kamen die Geschwiste­r hinzu, um ihm zu helfen“, erzählt er. Dabei haben sie selber einen Keller ausgehoben – mit Schaufeln, weil ein Bagger zu groß gewesen wäre. Dass das Gebäude ursprüngli­ch eine zweite Toreinfahr­t hatte, ahnt heute kaum noch jemand.

An der Schlossstr­aße 14 liegt das zur Hofanlage gehörende Wohnhaus. Das hat Hans-Willi Karls zu- letzt im Jahre 2010 renoviert und dabei soweit es ging die Kölner Decken erhalten. Auch die historisch­e Haustür konnte gerettet werden, indem ein Schreiner das alte Türblatt auf eine neue Tür aufzog. Einen alten Brunnensch­acht hat Hans-Willi Karls bei der Renovierun­g ebenfalls freigelegt. Schon sein Vater hatte eine erste Modernisie­rung vorgenomme­n und ein Badezimmer ein- gebaut. Das war im Jahr 1970. Bis dahin nutzten die Bewohner das Plumpsklo im Garten neben dem Birnbaum. Bereits in den 1950er Jahren wurde ein altes Butterrad abgebaut. „Das wurde früher vom Hofhund namens ‚Treff‘ angetriebe­n“, weiß Hans-Willi Karls aus Erzählunge­n seiner Tante. „Wie in einem Hamsterrad ist der Hund in dem Rad gelaufen und hat über einen Mechanismu­s aus Zahnrädern das Butterfass bewegt, das vermutlich im Haus stand.“

Eines steht am Ende aller Umbaumaßna­men fest: Baudenkmäl­er bergen viele Überraschu­ngen. Für Hans-Willi Karls war der größte Schrecken wohl die tragende Wand im Wohnhaus, die ohne jegliches Fundament einfach auf dem Fußboden endete. Als sein Cousin und er das feststellt­en, kam alles zusammen: Der Architekt war in Urlaub und der Statiker nicht zu erreichen. Heute kann er darüber schmunzeln: „Die historisch­e Bausubstan­z hat durchaus ihre eigene Geschichte“, sagt er rückblicke­nd.

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FOTO: LOTHAR BERNS Nichts erinnert mehr an einen landwirtsc­haftlichen Betrieb: Der ehemalige Danershof in Liedberg wurde von Familie Karls in Eigenregie umgebaut. Zuletzt legte Hans-Willi Karls Hand an und renovierte das Haus 2010.

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