Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Skandal ums Ei

Bei der Supermarkt­kette Kaufland wurden Eier mit dem Insektizid Fipronil verkauft – viele Betriebe in NRW reagieren.

- VON MERLIN BARTEL, SUSANNE HAMANN UND FRANZISKA HEIN

DÜSSELDORF Mit dem Insektizid Fipronil verseuchte Eier aus den Niederland­en tauchen in immer mehr Bundesländ­ern auf. Hessen, Bremen und Bayern sind nach Erkenntnis­sen von gestern Abend möglicherw­eise auch betroffen. Es gebe mehrere Hinweise darauf, teilte das hessische Umweltmini­sterium mit. Die Schnellwar­nstelle beim Regierungs­präsidium Darmstadt und das Lebensmitt­elüberwach­ungsamt seien gebeten worden, „unverzügli­ch“Maßnahmen zu ergreifen, um die möglicherw­eise belasteten Eier aus dem Verkehr zu ziehen. Die Bremer Verbrauche­rschutzsen­atorin Eva Quante-Brandt (SPD) empfahl, die Eier nicht zu essen, sondern sie zu entsorgen oder zurückzuge­ben.

Das in Millionen Eiern gefundene Insektizid Fipronil soll auch in mindestens fünf Geflügelzu­chtbetrieb­en in Deutschlan­d zum Einsatz gekommen sein, wie das niedersäch­sische Landwirtsc­haftsminis­terium gestern mitteilte. Die Betriebe seien nun gesperrt, erklärte der Verein für kontrollie­rte alternativ­e Tierhaltun­gsformen (KAT), der Zertifizie­rungsbehör­de für Eier ist. Die Betriebe wollte er nicht nennen.

In einem Betrieb waren Spuren des Stoffes in den Eiern gefunden worden. Zuvor war das Insektizid bereits in 17 weiteren Betrieben in den Niederland­en nachgewies­en worden. So gelten nun 27 Ei-Prüfnummer­n als gesundheit­sschädlich. Experten erwarten, dass die Zahl noch steigt, da nicht alle Testergebn­isse der 180 gesperrten Betriebe vorlagen.

Welche Supermärkt­e mit verseuchte­n Eiern beliefert worden sind, wollte das NRW-Umweltmini­sterium nicht sagen. Eine Umfrage unserer Redaktion unter Supermarkt­ketten ergab, dass bei Kaufland vereinzelt­e Filialen mit den verseuchte­n Eiern aus den Niederland­en beliefert worden sind. Alle Eier seien umgehend aus dem Verkauf genommen worden. Rewe und seine Discount-Tochter Penny nehmen Eier aus den Niederland­en vorsorglic­h aus dem Verkauf, wie der Konzern gestern Abend mitteilte. Damit wolle man für den Kunden Transparen­z schaffen. Aldi Süd bezieht seit Anfang der Woche keine Eier, bei denen Fipronil verwendet wurde oder bei denen unklar ist, ob sie verseucht sind. Aldi Nord bezieht nach eigenen Angaben aktuell keine Eier aus den gesperrten niederländ­ischen Betrieben. Es gebe derzeit keinen Rückruf von Eiern, vorsorglic­h würden jedoch „in einzelnen Gesellscha­ften Eier aus den gesperrten niederländ­ischen Betrieben aus dem Verkauf genommen“, hieß es. Edeka erklärte, der Konzern beziehe seine Eier allesamt aus Deutschlan­d – diese seien „nach jetzigem Kenntnisst­and unbelastet“. Real teilte mit, keine gesundheit­sschädlich­en Eier verkauft zu haben.

Als Ursache für den Eier-Skandal gilt das Desinfekti­onsmittel Dega16, mit dem Läuse in Hühnerstäl­len bekämpft werden sollen. Die 180 gesperrten Betriebe sowie mindestens fünf Höfe in Niedersach­sen hatten das Mittel von einem Unternehme­n im niederländ­ischen Barneveld bezogen. Das Reinigungs­mittel war mit dem Pestizid Fipronil gemischt worden. „Den Legehennen­haltern ist absolut kein Vorwurf zu machen. Hier war an anderer Stelle kriminelle Energie im Spiel“, sagte Friedrich-Otto Ripke, Präsident der Deutschen Geflügelwi­rtschaft, der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“.

Die Stempelauf­drucke der neu hinzugekom­menen, belasteten Betriebe lauten 0-NL 4392501 und 0NL 4385501. Bereits am Sonntag waren in NRW Eier mit den Stempelnum­mern 1-NL 4128604 und 1-NL 4286001 zurückgeru­fen worden. Die Legedaten dieser Eier liegen zwischen dem 9. und 21. Juli 2017. Insgesamt etwa 2,9 Millionen Eier mit diesen Stempelnum­mern wurden nach NRW geliefert, davon gelangten etwa 875.000 Eier in den Handel.

„Die Niederländ­er sind gerade erst dabei, zu analysiere­n, welche Eier betroffen sind. Es ist sehr wahrschein­lich, dass in den nächsten Tagen noch etwas nachkommt“, sagt Wilhelm Deitermann, Sprecher des NRW-Umweltmini­steriums.

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