Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Tafel hat viele Stammkunde­n in Kaarst

Seit einem Jahr werden im Pfarrzentr­um St. Martinus Lebensmitt­el an Bedürftige ausgegeben. Pro Woche kommen rund 30 Menschen,

- VON ELISABETH KELDENICH

KAARST Donnerstag­nachmittag­s am Pfarrzentr­um Sankt Martinus: Während Wolfgang Speis und Mohanad Nakahbandi durch den Hintereing­ang kistenweis­e Lebensmitt­el hineintrag­en und in die Küche bringen, warten auf der anderen Seite schon zahlreiche Menschen auf die Öffnung der Tafel in Kaarst. Vor einem Jahr hat die Neusser Tafel damit begonnen, auch in Kaarst für Bedürftige aufzutisch­en. „Wir haben gute Erfahrunge­n gemacht. Jede Woche kommen durchschni­ttlich zwanzig bis dreißig Personen, die über eine Berechtigu­ng verfügen“, erklärt Hans Ferch. Der 80Jährige gehört zu einem Team von sechs Personen, das die Lebensmitt­el – manchmal sind auch Papiertasc­hentücher und Hygieneart­ikel dabei – sorgfältig auf die mit Tüchern ausgelegte­n Flächen positionie­ren. „Damit hier nichts schmutzig wird – wir verlassen alles sauber“, erklärt Helfer Lutz Grosche. Was ihm nicht so gut gefällt: die Miete für die Nutzung der Räume. „Die könnte die Kirche uns erlassen, schließlic­h entspricht das hier doch der christlich­en Nächstenli­ebe“, sagt er.

Gut gelaunt bereitet das Team alles vor und genießt noch eine Tasse Kaffee, bevor die ersten Menschen kommen. „Wir haben viele Stammkunde­n und kennen uns“, erzählt Hans Ferch. Komme jemand ein paar Monate nicht mehr, habe er Arbeit gefunden und falle aus der Kar- tei heraus. „Das Schild ‚Neusser Tafel‘ haben wir entfernt, da manche sich schämen, das Angebot anzunehmen“, so Ferch. Das Angebot kann sich aber sehen lassen: von frischem Obst, Gemüse und Milch- produkten bis hin zu Brot, Kuchen, fertigen Sandwiches und Blumen ist alles vorhanden. Die Kunden sind sehr zufrieden. „Hier ist es viel besser als in Neuss, weil man sich die Waren selbst aussuchen kann“, sagt ein junger Mann und packt den Inhalt zweier Körbchen in Taschen. Pro Körbchen hat er 2,50 Euro bezahlt - „alles reicht für eine Woche“, erklärt er. Ein anderer Mann ergänzt: „Ich friere das frische Gemü- se ein und das Obst dient als Snack vor dem PC“. Eine Familie aus Syrien mit zwei kleinen Töchtern (zwei und sechs Jahre) freut sich über Süßigkeite­n für die Kinder und Blumen für die Mutter. Eine ältere Dame ist zu Fuß durch halb Kaarst gekommen. „Ich bin froh, dass ich nicht mehr nach Neuss muss“, bekennt sie und lädt die Lebensmitt­el in eine kleine Karre. Auch bei ihr werden sie für eine Woche reichen (müssen). Obenauf liegt ein Strauß Sonnenblum­en. „Blumen bringen Spaß und die Welt wird bunt“, sagt sie. Ein Mal habe sie nicht genug bekommen, deshalb ist sie immer möglichst früh da. „Das Meiste werden wir quitt“, bestätigt Hans Ferch.

Bei Verständig­ungsproble­men mit Migranten hilft Mohanad Nakahbandi. Der 36-jährige Syrer lebt seit zwei Jahren in Deutschlan­d. Ferch bedauert, dass viele ältere Einheimisc­he sich nicht trauen, das Angebot der Tafel anzunehmen. „Viele haben Angst, gesehen zu werden“, weiß er.

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NGZ-FOTO: LBER Frisches Obst und Gemüse, Brot oder Hygieneart­ikel bekommem Berechtigt­e bei der Tafel zum günstigen Preis.

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