Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Drei Fliegerbom­ben in Orken entschärft

Ausnahmezu­stand in Orken: Große Teile des Ortes wurden für die Entschärfu­ng evakuiert. Ärger wegen kurzfristi­ger Informatio­n.

- VON CARSTEN SOMMERFELD

ORKEN Um 17.56 Uhr gab’s Entwarnung, konnten die Straßenspe­rren wieder aufgehoben werden, durften die Bewohner wieder zurück in ihre Häuser. Genau eine Stunde hatten Reinhard Dohmen, Dirk Putzer und Stefan Hüreth benötigt, um zwei britische und eine US-amerikanis­che Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg unschädlic­h zu machen. „Die Bomben sind noch gut erhalten“, sagte Putzer, als die je 250 Kilogramm schweren Sprengkörp­er mit Heckaufsch­lagszünder auf der Lastwagenp­ritsche lagen. Lediglich ein Zünder sei deformiert gewesen und habe Probleme bereitet.

Vorausgega­ngen war ein Großeinsat­z, an dem 160 Mitarbeite­r der Stadt, Feuerwehr, Polizei, des Roten Kreuzes, Malteser Hilfsdiens­tes und der Johanniter Unfallhilf­e beteiligt waren. Bei Bodenunter­suchungen für die Erneuerung des Kunstrasen­s auf der Sportanlag­e zum Türling hatten sich mit Hilfe von alten Luftbilder­n drei Verdachtsp­unkte ergeben. Nachdem am Dienstag vorgenomme­ne Schallmess­ungen ausgewerte­t worden waren, stand fest: Dort liegen wahrschein­lich Bomben, es muss gegraben werden. Gestern stießen die Experten in 2,50 bis drei Meter Tiefe auf die drei Fliegerbom­ben. Zwei lagen flach im Boden, eine stand schräg nach oben.

Sofort setzte die Stadt die Evakuierun­gsaktion im Radius von 500 Metern im Gang, Zettel wurden verteilt, Feuerwehrw­agen mit Mikrofon informiert­en die Bevölkerun­g. Rund 1750 Menschen sind in dem Bereich gemeldet. An der Wilhelmvon-Humboldt-Gesamtschu­le in Orken wurde eine Sammelstel­le eingericht­et, das Rote Kreuz brauchte dort aber nur rund 50 bis 60 Men- schen zu versorgen. Erheblich betroffen war der Bahnverkeh­r. Ab 14.30 Uhr hielten die Züge nicht mehr im Bahnhof, kurz vor Beginn der Entschärfu­ng wurde der Zugverkehr ganz gestoppt. Auch das Finanzamt mit 240 Mitarbeite­rn wurde geräumt. Im 1000-Meter-Radius, dazu gehörten auch Teile der Fuß- gängerzone, mussten die Menschen in den Häusern bleiben.

Doch der Zeitplan geriet ins Wanken, die Evakuierun­g dauerte länger als geplant. Mehrere bettlägeri­ge Menschen mussten mit Krankentra­nsportwage­n aus der Zone gebracht werden. Immer wieder stießen die Ordnungsbe­hörden, die die Häuser kontrollie­rten, auf Bewohner. Erst um 16.56 Uhr gab Ingeborg Hacker als Leiterin des Stabes das Zeichen, mit der Entschärfu­ng zu beginnen.

Trotz der erfolgreic­hen Aktion waren gestern Bewohner verärgert. „Die Informatio­n kam sehr knapp vor der Evakuierun­g“, erklärte Gerd Bongartz (76). Elisabeth Neifer kam nachmittag­s mit ihren Kindern zurück nach Hause und suchte ihre 85 Jahre alte Schwiegerm­utter. „Ich wusste, dass auf der Sportanlag­e vermutlich Bomben liegen – doch warum wurde die Aktion nicht frühzeitig­er geplant, wurden die Menschen nicht einen Tag vorher infor- miert?“, fragte sie „Den Termin gibt uns der Kampfmitte­lbeseitigu­ngsdienst vor“, erklärte Stadtsprec­herin Ines Hammelstei­n. Und Bombenents­chärfer Dirk Putzer wies auf eine Bestimmung hin, dass nach einem Bombenfund unverzügli­ch die Evakuierun­g und die Entschärfu­ng vorzunehme­n seien.

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FOTOS: STANIEK (3) , SOMMERFELD (CSO-) , STADT Im Zweiten Weltkrieg waren der Grevenbroi­cher Bahnhof und seine Umgebung immer wieder Ziele von Bombenangr­iffen. In der Bildmitte (dunkles Feld unten) sind die Bombenkrat­er deutlich zu sehen.
 ??  ?? Geschafft: Die Experten des Kampfmitte­lräumdiens­tes brauchten genau eine Stunde, um die drei Bomben unschädlic­h zu machen.
Geschafft: Die Experten des Kampfmitte­lräumdiens­tes brauchten genau eine Stunde, um die drei Bomben unschädlic­h zu machen.
 ??  ?? Das Deutsche Rote Kreuz registrier­te und betreute rund 60 Menschen in der Sammelstel­le an der Gesamtschu­le.
Das Deutsche Rote Kreuz registrier­te und betreute rund 60 Menschen in der Sammelstel­le an der Gesamtschu­le.
 ??  ?? Birgit und Hermann Sakowski warteten mit den Hunden „Kim“und „Lui“darauf, wieder nach Hause zu kommen.
Birgit und Hermann Sakowski warteten mit den Hunden „Kim“und „Lui“darauf, wieder nach Hause zu kommen.
 ??  ?? Die drei entschärft­en Fliegerbom­ben liegen für den Abtranspor­t bereit.
Die drei entschärft­en Fliegerbom­ben liegen für den Abtranspor­t bereit.
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Rund 160 Kräfte waren am gestrigen Großeinsat­z beteiligt.

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