Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Rabatt-Schlacht um den Diesel

Mit Prämien von bis zu 10.000 Euro versuchen Auto-Hersteller, Verbrauche­r zum Kauf moderner Diesel-Fahrzeugen zu animieren. Doch Verbrauche­rschützer warnen: Kunden sollten genau prüfen, ob sich das lohnt.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Wenn Waren auf dem Markt unbedingt wegmüssen, überbieten sich die Händler gerne mit Sonderange­boten: „Heute nur... so günstig wie nie... wer da nicht zuschlägt, ist selber schuld...“

Es ist lange her, dass die Autokonzer­ne solche Maßnahmen in so extremer Ausprägung nötig hatten. 2009 schuf der Staat in der Wirtschaft­skrise mit der Abwrackprä­mie ein Sonderkonj­unkturprog­ramm, nun zwingt der Diesel-Skandal Politik und Wirtschaft erneut zum Handeln. Nachdem der staatlich unterstütz­te Umweltbonu­s, die Prämie für Elektro- und Hybridfahr­zeuge, floppte, überbieten sich die Hersteller nun gegenseiti­g mit Rabatten, um mehr saubere Fahrzeuge auf die Straße zu bekommen.

Für die Autoherste­ller geht es vor allem darum, endlich eine Wende zu schaffen – denn die Absatzzahl­en bei Diesel-Autos brechen seit Monaten ein. Die braucht die Industrie jedoch, um die von der Europäisch­en Union vorgegeben Ziele beim Ausstoß von Kohlendiox­id zu erreichen – denn davon produziere­n Diesel-Fahrzeuge im Vergleich zu Benzinern deutlich weniger.

Gleichzeit­ig belasten die sinkenden Wiederverk­aufswerte die Hersteller, denn viele Diesel-Fahrzeuge sind über die Auto-Banken geleast. Lassen sie sich nur noch zu geringeren Werten verkaufen, müssen die Banken auch ihre Bilanzen nach unten korrigiere­n – was wiederum die Hersteller belastet. „Heute werden so gut wie keine Diesel-Pkw als Gebrauchtw­agen im Handel in Zahlung genommen“, sagt Ferdinand Dudenhöffe­r, Auto-Experte von der Universitä­t Duisburg-Essen. Und auch der deutsche VW-Vertriebs- chef Thomas Zahn räumt ein: „Damit entlasten wir den Markt.“Mit der Prämie nehme man Fahrzeuge aus dem Gebrauchtw­agenmarkt, das hebe tendenziel­l die Preise.

Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) begrüßte die Prämien. Der beschleuni­gte Umstieg von älteren Dieselfahr­zeugen auf moderne Autos sei ein wichtiger Baustein, um die Schadstoff­belastung in den Städten zu senken. Die ausländisc­hen Wettbewerb­er der deutschen Autobauer mahnte der Minister, deren Beispiel zu folgen: „Die internatio­nalen Hersteller sind dringend aufgeforde­rt, mit vergleichb­aren Maßnahmen ihren Beitrag zur Reduzierun­g von Stickoxide­n zu leisten.“Diese haben allerdings teilweise bereits ähnliche Prämien im Programm (siehe Grafik).

Umweltorga­nisationen und Verbrauche­rschützer äußern sich deutlich verhaltene­r. Jürgen Resch, der Geschäftsf­ührer der überall in Deutschlan­d gegen schmutzige Diesel-Fahrzeuge klagenden Deut- schen Umwelthilf­e, sagt: „Wir warnen vor dem Kauf von Euro-6-Diesel-Pkw, die aktuell durch einige Hersteller mit Umweltpräm­ien für den Fall der Abmeldung beziehungs­weise Verschrott­ung von alten Diesel-Pkw angeboten werden.“Auch diese würden vielfach zu hohe Schadstoff­werte aufweisen. „Verbrauche­r, die derzeit einen Neuwagen erwerben wollen, sollen ausschließ­lich effiziente Fahrzeuge mit Erdgas-, Elektro-, oder Benzinhybr­idantrieb wählen“, so Resch.

Ähnlich sieht das Gregor Kolbe vom Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. Käufer könnten nicht sicher sein, dass ein neuer Diesel sauber sei. „Das eigentlich­e Ziel der Umstiegspr­ämie, durch einen zügigen Umstieg auf neue Diesel die Luftqualit­ät in den Städten zu verbessern, kann somit ins Leere laufen.“Er rät, genau nachzurech­nen, ob sich der Wechsel lohnt: „Viele Euro-4-Diesel haben einen höheren Restwert als die Umstiegspr­ämie, die Besitzer würden also sogar Verlust machen.“

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