Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Das Tranktor öffnete einst Tieren den Weg zur Tränke

- VON LUDGER BATEN

NEUSS Wo heute Pferde(-stärken) im Parkhaus an der Hessenstra­ße abgestellt werden, dort suchten sich im Mittelalte­r Pferde und weiteres Vieh den Weg zum Wasser – das Tranktor führte zur Tränke. Da es in Neuss bereits zwei Parkhäuser gab, die den Namen ehemaliger Stadttore trugen – Rheintor und Niedertor – , wählte die städtische City-Parkhaus GmbH, als sie Ende der 1990er Jahre die Großgarage mit 458 Stellplätz­en von der Warenhaus-Kette Horten übernahm, in der Fortsetzun­g erneut einen Stadttor-Namen: Tranktor. Die Idee hatte damals Stadtarchä­ologin Sabine Sauer, Klaus Harnischma­cher setzte sie um. Er war vor 20 Jahren Chef des städtische­n Bauvereins und in Personalun­ion auch Chef der CityParkha­us GmbH.

Als im 13. Jahrhunder­t eine Stadtbefes­tigung gebaut wurde, erhielt Neuss unter anderem eine Mauer mit fünf Torburgen: Das Niedertor im Norden – und dann im Uhrzeigers­inn – das Rheintor im Osten zum Strom hin, das Obertor im Süden, das Zolltor im Südwesten und das Niedertor im Nordwesten. Das Hessentor, an das noch die Hessentorb­rücke erinnert, wurde erst im 17. Jahrhunder­t während der so genannten Hessenzeit errichtet.

Neben den mächtigen fünf Torburgen gab es in der südöstlich­en Stadtmauer aber noch ein Törchen, das Tranktor. Es wurde geöffnet, um das Vieh auf die Weide in den Rheinauen zu treiben, wo die Tiere auch im Fluss beziehungs­weise im Zulauf der Erft saufen konnten. Das Tranktor öffnete sich, um den Weg zur Tränke frei zu geben.

Bei der heute als Tranktor-Parkhaus firmierend­en Großgarage handelt es sich um das älteste Parkhaus in der Stadt. Es diente erst dem Warenhaus Merkur, aus dem später „Horten“wurde, als überdachte­r Parkplatz. Die Brücke über die Hessenstra­ße war befahrbar und mündete auf den Platz hinter dem Kaufhaus – heute Fußgängerb­ereich hinter dem Landesthea­ter –, so dass die Kunden ganz kurze Wege hatten. Als Horten vom Kaufhof-Konzern übernommen wurde, der keine zwei Warenhäuse­r eines Betreibers in Neuss erhalten mochte, wurde das Horten-Haus geschlosse­n. Die Immobilie kauften je zur Hälfte der RheinKreis und der Bauverein für die Stadt. In einer Metamorpho­se wurde nach Plänen des Architekte­nbüros Ingenhoven & Ingenhoven aus dem Warenhaus ein Theater sowie das Kreishaus mit Ladenzeile und dem Programmki­no „Hitch“. Der Neubau mit neuer Nutzung wurde Ende des Jahres 2000 eröffnet.

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FOTO: L. BATEN Das Parkhaus an der Hessenstra­ße erinnert mit seinem Namen an ein kleines Tor in der Stadtmauer, das den Tieren den Weg zur Tränke ermöglicht­e: das Tranktor eben.

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