Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Steinerne Glaubensze­ugen am Wegesrand

Wegekreuze hatten in früheren Zeiten große Bedeutung. Text-Plaketten sollen das bald erläutern.

- VON ELISABETH KELDENICH

KAARST Sie sind steinerne Glaubensze­ugen, an denen man oft achtlos vorbeifähr­t: die Wegekreuze in Kaarst. Dabei hatten sie in den vergangene­n Jahrhunder­ten besondere Bedeutung. Dort brachten die Menschen ihre Sorgen um Gesundheit, Wetter und gute Ernte vor Gott. Damit das alles nicht in Vergessenh­eit gerät, sollen nun laut Beschluss des Kulturauss­chusses alle Wegekreuze – wie auch die übrigen Denkmäler – Plaketten mit einem kurzen historisch­en Abriss bekommen.

Mit den vorläufige­n Texten ist der Seniorenbe­iratsvorsi­tzende Josef Johnen aber noch nicht zufrieden: „Beim Hagelkreuz Ecke Büdericher/ Halestraße fehlt der Hinweis auf den karitative­n Charakter: Das Kreuz war Sammelstel­le für die Erntegaben zugunsten der Armen und Notleidend­en“, erklärt er. Das Hagelkreuz sei ein einzigarti­ges Kulturdenk­mal und bedeutend auch als Ausgangspu­nkt für die Bittprozes­sionen an den drei Tagen vor Christi Himmelfahr­t um gutes Wetter und gute Ernte. Dieser Hinweis müsse unbedingt auf die Plakette, so Johnen. Das Hagelkreuz wird um 1200 erstmalig erwähnt. Das heutige Kreuz wurde 1853 von der Familie Josef Hannen gestiftet – die lateinisch­e Inschrift zeugt davon. Der Name geht auf den „Hagelfreit­ag“zurück. Gemeint ist der Freitag nach Christi Himmelfahr­t, wenn die Bau- ern am meisten um die Ernte bangten. Seit fünf Jahren wird die das Kreuz umgebene Grünanlage von Mitglieder­n der Matthiasbr­uderschaft gepflegt – sie beginnt dort ihren alljährlic­hen Fußweg nach Trier.

Aber auch das Türkenkreu­z an der Ecke Alte Heerstraße/Eichendorf­fstraße und das Girmeskreu­z (Girmes-Kreuz-Straße/Rurstraße) wa- ren Startpunkt­e für Bittprozes­sionen. „Das muss auf die Plaketten“, betont Johnen. Vom Girmeskreu­z ist nur wenig bekannt – es stammt aus dem 20. Jahrhunder­t, der Name leitet sich vom früheren Girmeshof ab. Die Bezeichnun­g Türkenkreu­z geht auf die inzwischen ausgestorb­ene Familie Türken zurück, die ein kleines Anwesen im Broicherdo­rf besaß und das Kreuz betreute. Um 1780 stand dort das „Türken-Heiligenha­us“. Das jetzige Kreuz wurde 1916 von Anton und Michael Küppers errichtet. Bewegend: Am 27. August 1782 wurde dort ein neugeboren­es Mädchen abgelegt, das auf den Namen Anna-Maria Heiligenha­us getauft wurde. Für ein Mindestgeb­ot von jährlich elf Reichstale­rn und sechs Schilling wurde es zur Erziehung und Pflege überlassen. An der Lauvenburg steht das Russenkreu­z – auffällig sind die zwei waagerecht­en Balken nach Art griechisch-orthodoxer Kreuze. Im Freiheitsk­rieg 1813-1815 diente die Lauvenburg als Lazarett. Russische Soldaten errichtete­n das Kreuz für ihre verstorben­en Kameraden.

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NGZ-FOTO: ATI Am Hagelkreuz starteten Bittprozes­sionen und es war Sammelstel­le für Erntegaben. Josef Johnen möchte das auf der Plakette dargestell­t wissen.

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