Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Opposition in Kenia spricht von Wahlbetrug

Nach Angaben der Wahlkommis­sion liegt Amtsinhabe­r Kenyatta überrasche­nd deutlich vorne. Herausford­erer Odinga glaubt das nicht.

-

NAIROBI (epd) In Kenia wächst nach der Präsidente­nwahl die Angst vor Ausschreit­ungen. Opposition­sführer Raila Odinga warf der Wahlkommis­sion massive Fälschunge­n durch unerlaubte Zugriffe auf das elektronis­che Wahlsystem vor. Nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen lag der amtierende Präsident Uhuru Kenyatta gestern nach Angaben der Wahlkommis­sion mit 54,4 Prozent der Stimmen überrasche­nd deutlich vorn. Odinga kam demnach auf 44,6 Prozent. Wenn sich diese Ergebnisse bestätigen, ist keine Stichwahl mehr nötig. Kenyatta regiert seit 2012. Laut Verfassung wäre die zweite Amtszeit des 55-Jährigen seine letzte.

In der Opposition­shochburg Kisumu im Westen des Landes gab es erste Zusammenst­öße. Die Polizei setzte Tränengas gegen etwa 100 Demonstran­ten ein, die skandiert hatten: „Ohne Odinga keinen Frieden“. Odinga erklärte, das elektronis­che Wahlsystem sei gehackt worden. Die Hacker hätten sich Passwörter des ermordeten Technik-Chefs der Wahlkommis­sion, Chris Msando, besorgt. Msando war vor einer Woche ermordet und mit Folterspur­en aufgefunde­n worden. Odinga legte gestern eigene Berechnung­en vor, wonach er mit einer Million Stimmen in Führung liege.

Der Leiter der Wahlkommis­sion, Wafula Chebukati, erwiderte, er ver- traue dem elektronis­chen System. Die Vorwürfe würden aber überprüft. Das elektronis­che Zählsystem soll eine Manipulati­on verhindern. Außerdem wird die Identität der Wähler elektronis­ch überprüft. Msando gehörte zu den wenigen Personen mit Zugang zu dem elektronis­chen Wahlsystem.

Die Fälschungs­vorwürfe schüren die Angst vor gewaltsame­n, ethnisch gefärbten Ausschreit­ungen wie bei der Präsidents­chaftswahl 2007. Kenyatta gehört zur Volksgrupp­e der Kikuyu, der 72-jährige Odinga ist Luo. Damals wurden mehr als 1000 Menschen getötet und Hunderttau­sende vertrieben. Odinga verlor damals nach offiziel- len Angaben gegen Kenyattas Vorgänger Mwai Kibaki.

Odinga hatte in den vergangene­n Wochen behauptet, nur durch Fälschung könne er um den Sieg gebracht werden. Auch Kenyatta zeigte sich siegesgewi­ss. Keines der Lager bereitete seine Anhänger auf eine Niederlage vor, was die Situation erst recht brenzlig werden ließ. Kenyatta erklärte am Wahltag nach Abgabe seiner Stimme, er werde das Ergebnis anerkennen und zurücktret­en, falls er verliere.

Odinga rief seine Anhänger nun zur Ruhe auf. Gleichzeit­ig erklärte er jedoch, er könne die Leute nicht kontrollie­ren. Einige Wähler der Opposition­skoalition Nasa kündig- ten in den Wahllokale­n an, es gebe „Krieg“, wenn Odinga um seinen Sieg gebracht werde.

Gewählt wurden am Dienstag außerdem ein neues Parlament, Gouverneur­e, Senatoren, die Parlamente der Landkreise und Frauenvert­reterinnen. Entgegen allen Befürchtun­gen waren die Wahlen überwiegen­d friedlich und ohne größere technische Schwierigk­eiten verlaufen. Mehr als 150.000 Sicherheit­skräfte waren im Einsatz. Es gab allerdings zum Teil erhebliche Verzögerun­gen, weil das elektronis­che Wahlsystem Schwierigk­eiten mit der Identifizi­erung der Wähler hatte. Trotz langer Wartezeite­n blieben die meisten Wähler geduldig.

 ?? FOTO: DPA ?? Eine Demonstran­tin in Nairobi.
FOTO: DPA Eine Demonstran­tin in Nairobi.

Newspapers in German

Newspapers from Germany