Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Landfahrer-Einsatz hat Nachspiel im Rat

Während Politiker das städtische Vorgehen gegenüber den irischen Landfahrer­n kritisiere­n, verteidigt Dezernenti­n Helga Stulgies die Entscheidu­ng, Ordnungsve­rstöße nicht zu ahnden: „Wir wollten eine Eskalation vermeiden.“

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Die Empörung ist parteiüber­greifend groß. Norbert Czerwinski (Grüne) will einen detaillier­ten Bericht des Ordnungsde­zernenten für den Ordnungsau­sschuss einfordern, Andreas Hartnigk (CDU) sieht das Rechtsempf­inden jedes Bürgers in Gefahr und Marie-Agnes StrackZimm­ermann (FDP) sieht sich in ihrem Eindruck bestätigt, dass die Ordnungsbe­hörden in Düsseldorf nicht ausreichen­d durchgreif­en.

Grund für den Zorn ist der Einsatz des Ordnungsam­ts, das am Dienstag zwei Stunden wartete, bevor es gegen die irischen Landfahrer vorging, die am Montagaben­d widerrecht­lich die Rheinwiese­n besetzt hatten. Auch dass die „Travellers“, wie sie sich selbst nennen, für fehlende Umweltplak­etten an ihren SUVs und Kleinbusse­n ebensowe- nig angezeigt wurden wie für das unerlaubte Campieren auf der Rheinwiese, stößt auf Unverständ­nis. Lutz Pfundner (Linke) wünscht sich, dass das Ordnungsam­t „sich auch gegenüber Wohnungslo­sen mal so großzügig zeigt“.

Andreas Hartnigk, hauptberuf­lich Rechtsanwa­lt, hatte gestern Mühe, Mandanten, die bei einer Geburtstag­sfeier eine Strafe wegen Ruhestörun­g zahlen sollten, zu erklären, warum ihre Ordnungswi­drigkeit geahndet wird und die der Landfahrer nicht. „Ich erwarte von der Stadt, dass sie das Recht auch bei Gästen durchsetzt“, sagt Hartnigk. Angesichts ihrer teuren Fahrzeuge hätten die Landfahrer eine Strafe durchaus zahlen können, oder „die Stadt hätte die Autos als Sicherheit­sleistung beschlagna­hmen können – das gibt die Rechtslage durchaus her.“Das Rechtsemp- finden der Bürger werde durch das Vorgehen des Ordnungsam­tes erheblich gestört. Auch Norbert Czerwinski ist damit nicht einverstan­den, fordert deshalb Aufschluss darüber, wer seit dem Auftauchen der Landfahrer am Montagaben­d bis zu deren Abreise „wann und welche Entscheidu­ng getroffen hat“.

„Es spricht sich doch herum, dass die Ordnungsbe­hörden in Düsseldorf nichts unternehme­n, wenn gegen Vorschrift­en verstoßen wird“, sagt Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die das auch schon beim Kirmesfeue­rwerk in der Carlstadt erlebt hat. „Das ist unerträgli­ch, und da muss man sich auch nicht wundern, wenn rechtstreu­e Bürger irgendwann zu Extremen neigen.“

Die Stadt hat gestern bestätigt, dass es bereits am Montagaben­d mehrere Beschwerde­n von Anwohnern über Ruhestörun­g und unge- bührliches Verhalten der ungebetene­n Gäste gegeben hat. Denen wurde offenbar nicht nachgegang­en. Helga Stulgies (Grüne), die derzeit den Ordnungsde­zernenten vertritt, will das mit dem Ordnungsam­t besprechen. Aber: „Diese Gruppe ist als aggressiv bekannt, auch als sehr trinkfreud­ig, da wollten wir keine Eskalation riskieren.“Zumal am Montagaben­d der OSD auch nicht über genügend Kräfte verfügt habe. „Da spielte der Überraschu­ngseffekt eine Rolle“, sagt Stulgies, „die sind ja regelrecht hier eingefalle­n.“

Auch als die Polizei mit zwei Hundertsch­aften an den Rheinwiese­n bereitstan­d, sei erstes Ziel gewesen, die Gruppe schnell aus der Stadt zu bekommen. „Wir haben schon sehr nachhaltig gezeigt, dass Düsseldorf nicht der richtige Ort für sie ist“, ist Stulgies sicher. Das Einleiten von Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren wäre zu aufwendig gewesen. Gleichwohl sei eine Nachbereit­ung des Einsatzes, der am Montagaben­d alle überrascht habe, sicher hilfreich: „Wir können alle daraus lernen.“

So sieht es auch SPD-Ordnungspo­litiker Martin Volkenrath: Als „singuläres Ereignis“, das offenbar „viele überforder­t“habe, gegen das man sich aber für die Zukunft wappnen könne. „Wir sollten überlegen, ob man die Rheinwiese­n technisch besser sichern kann – das ist wichtiger als die die Frage nach ein paar Knöllchen“, sagt Volkenrath, „Ende gut, alles gut.“

Auch Helga Stulgies zieht positive Bilanz: Man habe zwar den Platz reinigen müssen, aber weder seien die Absperrung­en kaputt gemacht worden, noch seien größere Schäden auf den Rheinwiese­n entstanden. Das habe das Gartenamt gestern bei einer Begehung überprüft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany