Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wohnen auf dem Wasser

Die Düsseldorf­erin Sylvia Erkens besitzt seit sieben Jahren ein Hausboot. An dem Leben auf dem Wasser schätzt sie vor allem die Nähe zur Natur und die Ruhe. Sowieso werden Hausboote immer beliebter. Doch es mangelt an Liegeplätz­en.

- VON SASKIA NOTHOFER

DÜSSELDORF/HITDORF Sieben Hafenarbei­ter lebten früher in dem 100Quadrat­meter großen Hausboot von Sylvia Erkens. Es liegt im Hafen von Hitdorf und erinnert mit seiner roten Außenfassa­de und den weißen Tür- und Fensterrah­men an die Bullerbü-Romantik von Astrid Lindgren . „Ich bin an den Krickenbec­ker Seen aufgewachs­en, Wasser hat mich immer fasziniert“, begründet Erkens ihre Wahl, auf dem Wasser zu leben. Es strahle eine unglaublic­he Ruhe aus, sei trotzdem immer im Fluss – den Menschen ziehe es einfach ans kühle Nass. „Die ersten neun Monate seines Lebens verbringt man doch auch im Wasser“, so die Agenturlei­terin.

Der Preis für ein Hausboot hängt wie bei einem Auto von Größe, Ausstattun­g, Alter und Zustand des Modells ab

Auch in Düsseldorf haben Erkens und ihr Mann im Stadtteil Oberkassel noch eine Wohnung. Wegen ihrer Arbeit. „Meine Kunden sind hier, und mein Mann muss nach Roermond pendeln“, sagt Erkens. Die Hälfe ihrer Zeit leben die beiden so in Düsseldorf, die andere auf dem Boot. Wieso also nicht einfach mit dem Boot in der Landeshaup­tstadt anlegen? „Es gibt keine dauerhafte­n Liegeplätz­e für Hausboote in den Düsseldorf­er Häfen“, sagt Erkens.

Wieso dies der Fall ist, ist nicht klar. Die Stadt Düsseldorf kann zu Hausbooten keine Auskunft geben, verweist an die Neuss-Düsseldorf­er Häfen. Doch die sind lediglich für Industries­chiffe zuständig, haben mit Hausbooten keine Erfahrung. Generell ist es in Deutschlan­d schwierig, Liegeplätz­e für echte Hausboote zu finden. Einzig Hamburg bietet relativ viele Liegeplätz­e, und auch Berlin holt langsam auf. Doch generell stehen Hausboote in Deutschlan­d kaum auf der Agenda. Zahlen darüber, wie viele es von ihnen in Deutschlan­d gibt, liegen laut Statistisc­hem Bundesamt nicht vor.

Laut Rolf Gast, Hafenmeist­er der Marina Düsseldorf, dem ersten privaten Jachthafen am Rhein, ist die Nachfrage nach Hausbooten groß. Sein Hafen sei aber nicht mit denen von Städten wie Kopenhagen, Amsterdam oder London, wo die Menschen aufgrund steigender Mieten in der Stadt auf Hausboote ziehen, zu vergleiche­n. „Die Hausboote dürfen bei uns nur temporär im Hafen liegen“, sagt er. Denn die „Cruising Homes“, die bei ihm anlegen, hätten keine Briefkäste­n oder ähnliches und seien eher dazu gedacht, als Sportboote über die Binnengewä­sser Europas und die Meere zu reisen. „Die Wohnentwic­klung ist bei uns am Hafen auch gar nicht erwünscht“, so Gast.

Dem 48-jährigen Dirk Gesatzki gehört eines der sogenannte­n Cruising Homes, die im Hafen von Gast anlegen dürfen. Diese Boote gelten als Sportboote, sind motorisier­t und können im Gegensatz zu dem großen Hausboot von Sylvia Erkens an fast jedem Jachthafen anlegen. Mit rund 60 Quadratmet­ern Wohnfläche ist das Cruising Home Gesatzkis Zweitwohns­itz, zusätzlich hat er eine Wohnung in Geilenkirc­hen. „Das ist ein völlig anderes Leben auf dem Boot“, schwärmt Gesatzki. „Wir besitzen es seit Dezember und waren seitdem auch nicht im Urlaub“, so der 48-Jährige. „Wieso auch? Die Zeit auf dem Boot ist schließlic­h wie Urlaub.“

Die Stellplätz­e in der Marina kosten je nach Größe zwischen 400 und 800 Euro pro Monat. Solche für ein Boot wie das von Erkens 800 bis 1000 Euro. Hinzu kommen Kosten für die Müllentsor­gung, Wasser, Strom und Abwasser. „Abwasserve­rsorgung ist ein sensibles Thema“, sagt Gast. Einige Boote seien mit einer biologisch­en Fäkalienkl­äranlage ausgestatt­et, die das Wasser reinige und klar wieder in den Rhein fließen lasse. „Alternativ dazu gibt es eine Fäkalienab­sauganlage, die die Tanks je nach Volumen alle drei bis vier Wochen leert“, so Gast.

Ähnlich funktionie­rt es bei Sylvia Erkens in Hitdorf. In ihrem Boot befinden sich ein Abwasser-, Frischwass­er- und Öltank, die in regelmäßig­en Abständen entleert beziehungs­weise gefüllt werden. Doch diese praktische­n Dinge sind für Erkens Nebensache. „Mein Mann und ich lieben das Leben mit der Natur“, schwärmt sie. „Man tritt auf die Terrasse, sieht Enten und Schwäne.“Und egal ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter – bei jedem Wet- ter habe das Leben auf dem Hausboot einen ganz besonderen Reiz.

Neben der Ruhe fernab von Stadtlärm, -schmutz und -stress bieten Hausboote weitere Vorteile: „Beim Kauf eines Hausbootes fallen keine Notargebüh­ren an, und auch die Grunderwer­bssteuer entfällt“, erläutert Hafenmeist­er Gast. Wie viel ein Hausboot tatsächlic­h kostet, ist pauschal nicht zu sagen, sondern hängt ähnlich wie bei einem Auto von Größe, Ausstattun­g, Alter und Zustand des Modells ab.

Auch als Ferienwohn­ungen sind Hausboote begehrt. „Viele werden also nur temporär vermietet“, sagt Gast. Gerade auf der Ferienwohn­vermittlun­gsseite „Airbnb“werden viele der schwimmend­en Häuser zur Miete angeboten. „Ein Hausboot ist ein idealer Ruhepol. Man führt ein reduzierte­s Leben, kann entspannen und jederzeit den Standort wechseln“, schwärmt der Hafenmeist­er.

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Egal ob die Sonne scheint oder Regen vom Himmel fällt: Das Leben auf dem Hausboot hat für Sylvia Erkens bei jedem Wetter einen ganz besonderen Reiz. Vom Ufer aus gelangt sie mit einem Beiboot auf ihr 100 Quadratmet­er großes schwimmend­en Zuhause.
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FOTO: CRUISING HOMES Die „Cruising Homes“wechseln die Standorte.

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