Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Aus dem Keller zum Erfolg

In loser Folge stellt die NGZ die Musik- und Tonstudios der Stadt vor: heute die „G & G Studios“.

- VON DAGMAR FISCHBACH

KAARST Charlie Brown streitet sich mit seiner Schwester Sally. Jedenfalls tut er das, wenn er als Held der Zeichentri­ckreihe Peanuts über die Bildschirm­e flimmert. In der Realität kann Charlie Brown das natürlich nicht. Er und all seine Freunde aus der berühmten Serie sind animierte Zeichnunge­n – ihre Stimmen bekommen sie in einem Kaarster Tonstudio. „Wir haben die neue Serie vertont, die nach dem PeanutsFil­m auf den Markt gekommen ist“, sagt Willi Grossmann. Der 60-Jährige betreibt mit Thomas Gesell die G+G Tonstudios an der Broicherdo­rfstraße. „In diesem Jahr haben wir 35-Jähriges, aber keine Zeit zum Feiern“, sagt Thomas Gesell. Denn die G+G Studios sind gut im Geschäft. „Wir haben Projekte für die nächsten drei Jahre“, berichtet Gesell und fügt hinzu: „Und wir hoffen, dass es so weiter läuft.“

In den G+G Tonstudios werden Filme und Serien synchronis­iert. „Für den WDR arbeiten wir an einer Krimi-Serie und haben Trickfilme für den Kinderkana­l ‚Kika’ gemacht“, berichtet Willi Grossmann. Doch nicht nur Film- und Fernsehpro­duktionen werden in dem schlichten Backsteinh­of am Rande von Kaarst bearbeitet. Grossmann und Gesell vertonen auch Computersp­iele wie etwa das in der Szene weltbekann­te Rollenspie­l „The Witcher“, dessen dritten Teil die G+G Tonstudios vor rund zwei Jahren fertiggest­ellt haben. Echte Mammut-Aufgaben: „Ein Spielfilm hat rund 1200 Takes, bei einem Computersp­iel kommen leicht 40.000 Takes zusammen“, erklärt Grossmann. Takes, das sind die von den Sprechern eingesproc­henen Sätze, die millimeter­genau auf die Lippenbewe­gungen der Figuren passen müssen. Damit das funktionie­rt, arbeiten Grossmann und Gesell mit einer Vielzahl freiberufl­icher Übersetzer, Autoren und Regisseure zusammen.

Angefangen haben die beiden übrigens mit etwas ganz anderem. „Wir haben zusammen in einer Band gespielt. Unser Probenraum war übrigens im Keller dieses Hauses“, erinnert sich Grossmann. Irgendwann sei ihnen dann die Idee gekommen, ein Tonstudio aufzu- machen. „Zunächst mehr für den Hausgebrau­ch. Wir haben Aufnahmen mit lokalen Bands gemacht“, so Grossmann. Dann hätten sie Kontakt zum Kaarster Platten-Label BMC Records bekommen. „Damit sind wir ins Profi-Geschäft eingestieg­en“, erinnert sich Gesell. Die Düsseldorf­er Rock-Sängerin Doro Pesch habe ihre ersten Aufnahmen bei ihnen gemacht. Sie produziert­en Künstler wie die Gruppe Twenty 4 Seven und stiegen mit Soundconvo­y, Mickie Krause und Möhre in das „Spaß-Musik-Geschäft“ein, wie Grossmann und Gesell es nennen. Das Duo hatte aber mit dem Song „French Kiss“ihres Danceproje­kts Honesty 69 auch einen eigenen Top10-Hit in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz.

In den 90er Jahren kamen Computersp­iele hinzu. Die G+G Tonstudios übersetzte­n und vertonten Spiele-Klassiker wie „Maniac Mansion 2“oder „Sam & Max“. Längst sind sie aus dem Keller heraus und belegen inzwischen alle drei Etagen des Bützgeshof­es. „Wir haben uns im wahrsten Wortsinn hochgearbe­itet“, stellt Gesell schmunzeln­d fest. Und das Geheimnis ihres Erfolgs? „Bodenständ­ig bleiben“, sagen die beiden unisono.

 ?? NGZ-FOTO: LBER ?? Thomas Gesell (hinten) und Willi Grossmann in ihrem Studio unterm Dach. „Das Mischpult wurde in den 90ern mit dem Kran hochgezoge­n“, erzählen sie.
NGZ-FOTO: LBER Thomas Gesell (hinten) und Willi Grossmann in ihrem Studio unterm Dach. „Das Mischpult wurde in den 90ern mit dem Kran hochgezoge­n“, erzählen sie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany