Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Fahnder sollen Daten von Facebook direkt abgreifen können

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Die Europäisch­e Kommission bereitet einen neuen Mechanismu­s für den Zugriff auf Daten amerikanis­cher Kommunikat­ionsdienst­leister wie Facebook oder Google vor. Die Herausgabe von Inhaltsdat­en durch US-Provider würde dann „über Ansprechpu­nkte erfolgen, die innerhalb der Europäisch­en Union einzuricht­en wären“, bestätigte die Bundesregi­erung in einer Antwort auf eine Kleine Anfra- ge der Linken. Damit könnte das förmliche Rechtshilf­everfahren entfallen, da Strafverfo­lgungsbehö­rden dann unmittelba­r mit den in den USA ansässigen Unternehme­n zusammenar­beiten. Die Bundesregi­erung prüft derzeit, ob das nicht nur für Nutzer-Adressen und Zeitpunkte der Kommunikat­ion, sondern auch für deren Inhalte ermöglicht werden soll.

Hintergrun­d ist das neue Portal „Sirius“der Polizeiage­ntur Europol, das nach Auskunft der Bundesregi­e- rung Ende Oktober an den Start gehen soll. Hier werden Online-Ermittlung­en der teilnehmen­den Polizeibeh­örden gebündelt. Unter Federführu­ng des deutschen Bundeskrim­inalamtes seien bereits Gespräche mit Facebook, Google, eBay und Microsoft über die Möglichkei­ten geführt worden, bei den Anbietern Datenerheb­ungen vorzunehme­n. „Einige Anbieter stellen dazu eigens entwickelt­e Abfragepor­tale zur Verfügung“, heißt es in dem Bericht der Bundesregi­erung.

Linken-Europapoli­tiker Andrej Hunko nannte es besorgnise­rregend, welchen Druck der Staat auf die Internetdi­enstleiste­r ausübe. „Die Firmen werden zusehends zu Handlanger­n von Polizei und Diensten gemacht“, sagte er. Stattdesse­n müssten die Behörden transparen­ter machen, auf welche Weise sie Clouds und Messengerd­ienste überwachte­n. Die Umgehung des internatio­nalen Rechtswege­s zur Abfrage von Verkehrs-, Bestands- oder sogar Inhaltsdat­en der Nutzer von Facebook. wäre ein „weiterer schwerer Eingriff in die Privatheit der Telekommun­ikation“, so Hunko.

Die Bundesregi­erung stellt sich zudem darauf ein, dass der Wegfall der Roamingkos­ten auch zu stärkeren grenzübers­chreitende­n Aktivitäte­n der Strafverfo­lgungsbehö­rden führt. Es sei denkbar, dass die Fahnder häufiger mit Providern kooperiere­n müssen, die in jeweils anderen EU-Mitgliedss­taaten ansässig sind.

Zugleich sollen Internetnu­tzer künftig auch schneller erfahren können, ob ihr eigener Rechner von Kriminelle­n gekapert oder verseucht wurde. Bei den Vorbereitu­ngen des neuen Europol-Portals seien die Experten zu dem Ergebnis gekommen, dass auch eine neue zentrale Informatio­ns- und Warnplattf­orm nötig sei, die Erkenntnis­se über „mutmaßlich kompromitt­ierte digitale Identitäte­n“vermitteln solle, heißt es in dem Schreiben der Bundesregi­erung.

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