Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Tsipras wegen Vetternwir­tschaft unter Druck

Eine anrüchige Personalen­tscheidung der Regierung sorgt in Griechenla­nd für Empörung.

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ATHEN (höh) Bei den Verkehrsbe­trieben der nordgriech­ischen Großstadt Thessaloni­ki läuft es nicht rund. Immer wieder treten die Busfahrer in den Streik, weil sie monatelang auf ihre Gehälter warten müssen. Jetzt soll ein neuer Mann das Unternehme­n sanieren: Stelios Pappas. Die Personalie löste ein lebhaftes Echo in den sozialen Netzwerken aus. Denn: Der neue Chef ist der Vater von Nikos Pappas, Minister für Informatio­n im Kabinett von Premiermin­ister Alexis Tsipras und seit Jahren dessen engster Vertrau- ter. Die Reaktionen bewegen sich zwischen Empörung und Hohn. Die frühere Parlaments­präsidenti­n Zoi Konstantop­oulou bezeichnet­e Nikos Pappas auf Twitter als „Minister für Korruption“und übermittel­te ihm ironisch „Glückwünsc­he zur Berufung seines Vaters“.

Verkehrsmi­nister Christos Spirtzis verteidigt seine Wahl: Stelios Pappas sei ein erfahrener Ökonom, der sich „in ständigen Kämpfen für die Gesellscha­ft und die Demokratie“bewährt habe. Als ein Urgestein des radikalen Linksbündn­isses Syri- za und früheres Mitglied der Kommunisti­schen Partei Griechenla­nds dürfte Pappas zumindest ideologisc­h für diese Aufgabe gefestigt sein. Zugleich ist seine Berufung aber ein weiteres Beispiel dafür, wie ungeniert die Tsipras-Regierung wichtige Posten mit Parteigäng­ern besetzt.

Ein Sprecher der konservati­ven Nea Dimokratia (ND) spricht von einer „Invasion“im Staatsappa­rat: „Überall Genossen, Verwandte und Freunde der Regierung.“Das klingt allerdings scheinheil­ig: Politische Patronage und Klientelwi­rtschaft haben eine lange Tradition in Griechenla­nd, die auch unter den NDRegierun­gen gepflegt wurde. Allerdings hatte gerade Tsipras versproche­n, Korruption und Vetternwir­tschaft auszumerze­n – um dann nach der Wahl seinen Cousin Giorgos als Generalsek­retär ins Außenminis­terium zu berufen. Im Fall des neuen Nahverkehr­s-Präsidente­n von Thessaloni­ki weist die Regierung den Vorwurf des Nepotismus von sich und betont: Stelios Pappas werde unentgeltl­ich arbeiten.

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