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Kassenschl­ager aus Kuba

Dicke Zigarren und vollmundig­er Rum gehören zu den beliebtest­en Mitbringse­ln von Kuba-Touristen. Die Geschäfte laufen gut, dabei ist der größte Absatzmark­t USA tabu. Die Kubaner hoffen nun auf ein Ende des US-Handelsemb­argos.

- VON DENIS DÜTTMANN

HAVANNA (dpa) Würziger Tabakduft liegt in der Halle, an den Wänden rattern altersschw­ache Ventilator­en, chancenlos gegen die schwüle Luft. Mit flinken Händen suchen die „Torcedores“der Zigarrenfa­brik La Corona in Kubas Hauptstadt Havanna die Blätter für Einlage und Umblatt heraus. Routiniert zupfen, schneiden und rollen sie die Zigarrendr­eher – nach wenigen Minuten liegt eine perfekte Cohiba auf dem Arbeitstis­ch.

„Zigarrenro­llen erfordert sehr viel Erfahrung und Geschick“, sagt die Direktorin für Technologi­e und Entwicklun­g, Adriana Gómez. „Jede einzelne Zigarre wird einer strengen Qualitätsk­ontrolle unterzogen. Was unseren Standards nicht genügt, wird aussortier­t.“Hochwertig­e Zigarren werden stets von Hand gerollt, dafür zahlen Liebhaber in Europa und Asien dann auch bis zu 50 Euro pro Stück.

Zigarren gehören zu den bekanntest­en Exportgüte­rn Kubas – etwa von den Marken Cohiba, Montecrist­o, Partagás und Romeo y Julieta. „Tabak ist ein Symbol der kubanische­n Identität“, meint der Direktor der Fabrik La Corona, Juan Rico López.

2016 verkaufte Kuba Zigarren im Wert von 445 Millionen Dollar (420 Mio. Euro). Allein der Absatz des Monopolist­en Habanos stieg um fünf Prozent gemessen am Vorjahr. Das Gemeinscha­ftsunterne­hmen des Staatskonz­erns Cubatabaco und des spanischen Tabakunter­nehmens Altadis vertreibt seine Zigarren in rund 150 Ländern und kontrollie­rt über 70 Prozent des weltweiten Zigarrenma­rkts.

Der US-Markt vor der Haustür bleibt den Kubanern aber wegen des Handelsemb­argos der Vereinigte­n Staaten gegen die Insel verschloss­en. Kurz bevor die Sanktion 1962 in Kraft trat, soll sich der damalige US-Präsident John F. Kennedy mit über 1000 kubanische­n Zigarren eingedeckt haben. „Wenn die Blockade fallen würde, könnten wir bis zu 50 Millionen Zigarren pro Jahr alleine in den Vereinigte­n Staaten verkaufen“, schätzt López. Immerhin dürfen US-Touristen bis zu 100 Zigarren mit nach Hause nehmen.

Die kubanische­n Hersteller wollen nun neue Käuferschi­chten erschließe­n. „Der typische Kunde ist ein älterer, wohlhabend­er Mann. Wir wollen Zigarren auch für jüngere Leute und Frauen attraktiv machen“, sagt López. Dafür werden kürzere, dickere Zigarren entwickelt, die sich schneller rauchen lassen.

Viele Raucher genießen ihre Zigarre mit einem Rum. Der Schnaps aus Zuckerrohr ist der zweite Exportschl­ager Kubas. 3,5 Million Kisten Rum á neun Liter etwa exportiert das staatliche Unternehme­n Cuba Ron jedes Jahr. Wichtigste­r Absatzmark­t im Ausland ist Deutschlan­d, gefolgt von Frankreich und Italien. „Wenn wir in die USA exportiert­en dürften, könnten wir zwei Millionen Kisten pro Jahr mehr verkaufen“, sagt Firmenchef Juan González Escalona. Die Markenname­n hat die Firma in den USA schon schützen lassen. Auf dem größten Rum-Markt der Welt wird das Geschäft bislang von Bacardi dominiert. Die Unternehme­rfamilie war nach der sozialisti­schen Revolution auf Kuba in den 50er-Jahren enteignet worden und hatte die Produktion auf die Bahamas verlegt.

Cuba Ron brennt in fünf Destilleri­en auf der Insel den Rum der Marken Havana Club, Santiago de Cuba und Perla del Norte. Acht Rum-Meister überwachen die Qualität und entwickeln neue Sorten.

Kubanische­r Rum wird ausschließ­lich aus kubanische­m Zuckerrohr und mit kubanische­m Wasser gebrannt. Ausgebaut wird das Destillat in Fässern, in denen zuvor Whisky gelagert wurde. „Die Qualität des Ausgangspr­odukts ist entscheide­nd. Die Reifung kann den Rum verfeinern, aber nicht retten“, sagt Cuba-Ron-Chef Escalona.

Den Großteil der Produktion von Cuba Ron trinken die Kubaner selbst. Im Ausland steht Rum für Fiesta und karibische­s Lebensgefü­hl. Bartender in deutschen Cocktailba­rs mixen den einfachen Havana Club für gut zehn Euro in die Drinks. Das Spitzenpro­dukt von Cuba Ron aber kostet so viel wie ein Gebrauchtw­agen: Rund 3000 Euro werden für einen halben Liter Santiago de Cuba 500 fällig.

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FOTOS: DPA; IMAGO MONTAGE: FERL Firmen wie Cuba Ron und Zigarrenhe­rsteller könnten vom US-Export profitiere­n.

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