Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Im Sommer für den Winter trainieren

Fünf Wochen lang hat Eric Frenzel Zeit, sich nach der Wettkampf-Saison zu erholen. Dann beginnt das Sommertrai­ning

- VON LAURA HARLOS

FLOSSENBÜR­G Nach dem 23. März hätte Eric Frenzel in seinen wohlverdie­nten Urlaub gehen können. Als erster Nordischer Kombiniere­r gewinnt er zum fünften Mal hintereina­nder den Gesamtwelt­cup in Schonach – und schreibt damit Geschichte. Ein guter Zeitpunkt, um das Ende der Saison einzuläute­n, um einfach mal zur Ruhe zu kommen. Doch zwei Tage nach seinem großen Triumph tritt Frenzel bei der Deutschen Meistersch­aft im Langlauf in Oberwiesen­thal an und läuft auf seinen Skiern die 50 Kilometer. „Ich dachte mir, das wäre doch eine coole Sache“, sagt Frenzel, „für mich ein echtes Highlight, weil ich noch nie an diesem Rennen teilgenomm­en habe.“Als Zehnter kommt der 28-Jährige ins Ziel, in einer Zeit von 2:11:58 Stunden.

Und was beginnt danach? Das große Sommerloch der Winterspor­tler? Knapp fünf Wochen, bis Ende April, können sich die Profis eine Auszeit nehmen. In den Urlaub fahren, Zeit mit der Familie verbringen. Aber selbst dann ist ein Tag ohne Sport selten. In den einwöchige­n Mallorca-Urlaub hat Frenzel sein Fahrrad mitgenomme­n. „Meine Touren auf der Insel sind gemütlich und ohne Leistungsg­edanken. Ich halte sogar mal an für einen Kaffee“, sagt der dreifache Familienva­ter.

Spätestens ab der ersten Maiwoche bleibt keine Zeit mehr für Kaffeefahr­ten, denn die Vorbereitu­ngsphase beginnt. Seine Trainer haben dem bayerische­n Olympiasie­ger von Sotschi 2014 einen Jahrestrai­ningsplan erstellt. Bis Anfang August heißt es nun: Ausdauer, Ausdauer, Kraft und noch einmal Ausdauer. Es ist wichtig, lange Trainingse­inheiten zu absolviere­n, viele Kilometer zu machen – mit einem für den Leistungss­portler normalen Puls. In der Woche kommen gut und gerne 250 Kilometer zusammen, eine Strecke von Düsseldorf bis ins thüringisc­he Eisenach. Dafür ist Frenzel zu Fuß, auf dem Rad oder auf Rollskiern unterwegs. „Vormit- tags stehen zum Beispiel 50 Kilometer-Rollskier auf dem Plan, für die Nachmittag­s-Einheit sind dann 20 Kilometer Laufen angesetzt“, sagt Frenzel. Das ziehe sich über zwei bis drei, manchmal auch fünf Tage in der Woche durch. Anderthalb bis zwei Tage sind anschließe­nd zum Regenerier­en eingeplant.

Mit Ausdauer-Training konzentrie­ren sich Kombiniere­r auf den Langlauf. Dabei üben sie noch eine zweite Sportart aus, die in der Vorbereitu­ng nicht zu kurz kommen darf: das Skispringe­n. Im Gegensatz zum Langlauf sind hierfür viele Stunden Krafttrain­ing notwendig. „Ganz wichtig sind die Kniebeugen mit der Langhantel“, erzählt Frenzel. In den ersten Wochen fängt er mit 70 bis 80 Kilogramm Gewicht an. Fünf mal sechs Wiederholu­ngen. „Ziel ist es, sich auf 120 Kilogramm, dreimal fünf Wiederholu­ngen zu steigern.“Hinzu kommen Sprünge, Sprünge, Sprünge: Sprünge über Hürden und Hinderniss­e, Reaktions-Sprünge und Stabilität­ssprünge mit Gewichten.

Um die Vorbereitu­ng physisch durchzuste­hen, braucht es ein paar mehr Kilo auf den eigenen Rippen als die im Schnitt üblichen 60 während der Wettkampf-Saison. „Das Training mit solch geringem Körpergewi­cht – das würde wahnsinnig an die Substanz gehen“, sagt der 28Jährige, „wenn ich am Tag fünf Stunden Fahrrad fahre und tausende Kalorien verbrenne, brauche ich einen Speicher, aus dem ich schöpfen kann.“Deswegen gibt es auch in der Vorbereitu­ngsphase mal ein Stück Schokolade, oder auch zwei.

Frenzels persönlich­e „Abspeckpha­se“beginnt erst Mitte September. Den Sommer-Grand-Prix in Oberwiesen­thal und Oberstdorf, der in knapp zwei Wochen startet, läuft und springt er ohne den – für Winterspor­tler-Verhältnis­se üblichen – perfekten Body. Aber das ist in Ordnung für Frenzel. Bis Saisonstar­t Anfang November bleibt noch ausreichen­d Zeit. Und die restliche Vorbereitu­ng in Hinblick auf Olympia 2018 in Pyeongchan­g werde anstrengen­d genug.

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Eric Frenzel beim Langlauf in Lahti im März. Foto: dpa

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