Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Land sucht neuen Betreiber für die ZUE

Neusser Sozialverb­ände fühlen sich durch einen Forderungs­katalog des Landes vom Bieterwett­bewerb ausgegrenz­t. An ihrer Stelle haben ihre Landesverb­ände Angebote abgegeben. Entschiede­n wird Ende Oktober.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Marc Dietrich hat den Ordner mit den Bewerbungs­unterlagen längst weggeräumt. Frustriert, wie dem DRK-Geschäftsf­ührer im Gespräch anzuhören ist, denn der Kreisverba­nd des Roten Kreuzes fühlt sich im Bieterverf­ahren für die Betreuung der neuen Zentralen Unterbring­ungseinric­htung des Landes (ZUE) an der Stresemann­allee schlicht abgehängt. „Die Maßstäbe wurden so gesetzt, dass sich kein Neusser Sozialverb­and hätte bewerben können“, sagt Dietrich. Kein Platz für die Kleinen.

Schon im Januar hatten die Neusser Verbände – DRK, Malteser, Johanniter und Diakonie – offen Kritik an der Praxis der Bezirksreg­ierung geübt. Sie hatten gehofft, sich für den Betrieb der Einrichtun­g, die im Februar tatsächlic­h an den Start gegangen ist, bewerben zu können. Doch der Auftrag ging an den Essener Sozialdien­stleister „European Homecare“, der seit Ende 2012 die Flüchtling­sunterkunf­t im ehemaligen St.-Alexius-Krankenhau­s betrieben hat und mit der Einrichtun­g in den Neubau umgezogen war. Doch jetzt ist Bewegung im Thema.

In einer zweiten Tranche nach 2016 hat das Land Ende März den Betrieb für einige seiner Landeseinr­ichtungen ausgeschri­eben. Darunter ist auch die Neusser ZUE. „Derzeit befinden sich die Ausschreib­ungen in der Bewertungs­phase“, sagt Benjamin Hahn von der Bezirksreg­ierung Arnsberg, der in Flüchtling­sfragen federführe­nden Behörde des Landes. Die Zuschläge würden frühestens am 30. Oktober erteilt, fügt er hinzu.

Davor stehen in einem nächsten Schritt die sogenannte­n Bietergesp­räche, erklärt Sebastian Schilgen, Geschäftsf­ührer der Malteser-Werke in Köln. Diese 1989 für Betreuungs­aufgaben gegründete überörtlic­he Malteser-Tochter zieht stellvertr­etend für die Stadtverbä­nde ins Bieterrenn­en – so wie der DRK-Landesverb­and Nordrhein, der derzeit Einrichtun­gen für 9500 Flüchtling­e betreibt, für die DRK-Gliederung­en. „Für uns ist das eine ganz wichtige Ausschreib­ung“, sagt DRK-Sprecherin Stefanie Kutschker, die froh ist, „dass sich auch am Gemeinwohl orientiert­e Dienste beworben haben“– und nicht nur kommerziel­le Dienstleis­ter.

Den Ärger der Verbände vor Ort kann Schilgen verstehen, denn gerade die Stadt- und Kreisverbä­nde hätten 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise mit großem – auch ehrenamtli­chem Engagement – „Notunterkü­nfte aus dem Boden gestampft“. Da sei es sicher frustriere­nd, wenn „andere Anbieter vorgezogen werden und man in Ausschreib­ungen ständig unterliegt“. Allerdings findet er es gut, dass mit dieser Ausschreib­ung erstmals eine klare Leistungsb­eschreibun­g veröffentl­icht wurde, die auf Qualität der Betreuung abzielt. Die können große Akteure im Markt vielleicht besser gewährleis­ten.

Alleine hätte sich die Diakonie auch nicht beworben, stellt Vorstand Stephan Butt klar. Ihm ist wichtig, dass die Diakonie mit der Asylverfah­rensberatu­ng in der ZUE präsent ist. „Damit sind wir zufrieden“, sagt er. Das DRK Neuss denkt weiter. Man werde dem neuen Betreiber anbieten, etwa mit Kursen des DRK-Familienbi­ldungswerk­es unterstütz­end tätig zu werden, sagt Geschäftsf­ührer Dietrich. Er ist aber sicher: Anbieter wie „European Homecare“werden auf solche Offerten negativ reagieren.

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FOTO: SCHMALE-ARCHITEKTE­N Die Flüchtling­e in der neuen ZUE an der Stresemann­allee werden von der Firma „European Homecare“betreut. Noch.

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