Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

AfD darf morgen im Henkel-Saal tagen

Die Betreiber des Quartier Bohème verloren vor dem Amtsgerich­t. Sie müssen den Mietvertra­g, den sie einen Fehler nennen, nun erfüllen. Die Gastronomi­e wird geschlosse­n, ebenso aus Sicherheit­sgründen die beiden Parketagen.

- VON WULF KANNEGIESS­ER UND UWE-JENS RUHNAU

Die Betreiber des „Quartier Bohème“sind in allen Punkten mit ihrem Versuch gescheiter­t, der AfD trotz eines gültigen Mietvertra­ges den Henkel-Saal für deren morgigen Wahlkampfa­uftakt zu verweigern. Damit kann die geplante Veranstalt­ung ab 18 Uhr stattfinde­n. Das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“will vor Ort unter dem Motto „Kein Altbier für die AfD“demonstrie­ren. Die Betreiber des Quartier Bohème schließen die Gastronomi­e, es wird auch im Saal keinen Ausschank geben. Die beiden Parkebenen des Henkel-Saals in der benachbart­en Tiefgarage werden aus Sicherheit­sgründen geschlosse­n und durch Rollgitter verriegelt.

Das Amtsgerich­t hatte nach tagelanger Prüfung im Eilverfahr­en gestern entschiede­n, den Rauswurf der AfD als unberechti­gt einzustufe­n und aufzuheben. Die Gastronome­n hatten sich per Vertrag vom 14. Juli zur Hergabe ihres Saales an die AfD gegen 3000 Euro Miete verpflicht­et.

Am 2. August waren sie aber zurückgeru­dert, als sich potenziell­e Protestler bei ihnen meldeten. Die Betreiber hatten sich gemäß ihrer allgemeine­n Geschäftsb­edingungen auf eine „zu erwartende Gefahrenla­ge“oder auch eine „massive Störung des Geschäftsb­etriebes“berufen. Nur seien, so der Richter jetzt in seiner Entscheidu­ng, diese allgemeine­n Geschäftsb­edingungen „nicht wirksam in den Vertrag einbezogen“worden. Zusätzlich zu diesem Formfehler befand das Amtsgerich­t auch, dass eine „vertraglic­h relevante Bedrohung der Sicherheit­slage“zumindest nicht von der AfD-Veranstalt­ung ausgehe. Im Fall von Gegendemon­strationen, die bisher jedoch nicht mal angemeldet seien, sei allenfalls theoretisc­h eine andere Lesart denkbar.

Zugleich sprach der Richter der Polizei sein volles Vertrauen aus, die ja selbst bei gewalttäti­gen Ausschreit­ungen durchaus „in der Lage“sei, „die Aufrechter­haltung der öffentlich­en Sicherheit zu gewährleis­ten“. Ein Anrufer, der sich beim Quartier Bohème gemeldet hätte, sei eher wegen lautstarke­r, aber nicht wegen gewaltsame­r Proteste bekannt.

Unterm Strich sah der Richter keinen Grund, der AfD den Saal zu verweigern. Die Gastronome­n haben gestern beschlosse­n, keinen Widerspruc­h einzulegen. „Darüber würde erst nach der Veranstalt­ung entschiede­n“, so Geschäftsf­ührer Torsten Te Paß, dessen Partner im Schlösser Quartier Bohème Ex-Karnevalsp­rinz Christian Erdmann ist. Te Paß sagt, die Vermietung sei der Fehler eines Mitarbeite­rs gewesen. Man habe versucht, vor Gericht die Kurve zu bekommen, sei aber gescheiter­t. Man werde alle im Zusammenha­ng mit der AfD-Veranstalt­ung entstehend­en Gewinne an den Verein Flüchtling­shilfe Düsseldorf spenden. Im Internet kursierten unterdesse­n Aufrufe, die Schlösser des Quartier zuzukleben. Die Polizei wird morgen mit massiven Kräften im Einsatz sein und die Situation auf der Straße sichern. Im Saal selbst ist die AfD zuständig.

uwe-jens.ruhnau @rheinische-post.de in Mitarbeite­r hat einen Fehler gemacht. Hätte er den Henkel-Saal nicht an die AfD vermietet, wäre es nicht zu all dem Ärger gekommen. So sehen es die Chefs des Quartier Bohème in der Altstadt, und das ist vor allem die nachvollzi­ehbare pragmatisc­he Sicht der Dinge. Zur Wahrheit gehört jedoch, dass die gleichen Chefs die AfD-Veranstalt­ung erst als Problem ansahen, als massivere Proteste absehbar waren. Da gerieten sie in Hektik und versuchten, vom Vertrag zurückzutr­eten. Der juristisch­e Streit um diese Entscheidu­ng hat dem Termin erst die enorme Publizität beschert. Der Fehler der Chefs ist deswegen der eigentlich­e Lapsus. Die AfD ist eine Partei der Ressentime­nts und Peinlichke­iten, aber man muss sich mit ihr auseinande­rsetzen, statt ihr durch Ausschluss Opferstatu­s zu verschaffe­n.

E

 ?? FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Im März vorigen Jahres demonstrie­rten viele Bürger friedlich gegen einen Parteitag der AfD im Geschwiste­r-Scholl-Gymnasium.
FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Im März vorigen Jahres demonstrie­rten viele Bürger friedlich gegen einen Parteitag der AfD im Geschwiste­r-Scholl-Gymnasium.

Newspapers in German

Newspapers from Germany