Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

125 Jahre Leckeres aus Widdeshove­n

Norbert Faller führt die Traditions-Bäckerei in vierter Generation.

- VON ANNELI GOEBELS

WIDDESHOVE­N Von seiner Zunft gibt es nicht mehr viele. Norbert Faller ist noch ein Bäcker mit eigener Backstube, in der er jeden Tag selbst den Teig in die Hand nimmt und knetet. Er macht das in vierter Generation. Uropa Peter hat das Geschäft gegründet, 1891. Heißt, der offizielle Geburtstag war schon Ende des vergangene­n Jahres. „Aber wir sind ja noch im Jubiläumsj­ahr drin“, sagt Faller. Am Sonntag geht es von 8 bis 11 Uhr an der Hoeninger Straße hoch her. Ab dann ist der Laden auch jeden Sonntag um diese Zeit geöffnet. „Man muss immer wieder etwas Neues ausprobier­en“, sagt der Bäckermeis­ter, der in der Backstube groß geworden ist, dort „unter dem Regiment“von Opa Hilarius und Vater Heinz (der auch Bürgermeis­ter erst von Hoenigen und später von Rommerskir­chen war) das Handwerk erlernte.

„Mit 14 Jahren begann ich die Lehre. Ich hatte nie den Wunsch, etwas anderes zu machen“, sagt der 63-Jährige, der so gar nicht den Endruck macht, als wolle er bald aufhören. Denn eins ist klar: Einen Nachfolger gibt es bis jetzt nicht, auch wenn er seit einem halben Jahr von seiner ehemaligen Auszubilde­nden Simone Mihm unterstütz­t wird. Auch einen neuen Lehrling findet Faller nicht, noch nicht einmal Bewerbunge­n kommen. Nun sind die Arbeitszei­ten aber auch wirklich extrem. „Wenn wir um drei Uhr morgens starten, dann sind wir schon spät dran“, sagt Faller. Oft stehe er schon ab Mitternach­t in der Backstube. 30 Brotsorten hat der Familienbe­trieb im Sortiment. Beim Urgroßvate­r waren es vier: Schwarz, Grau-, Weiß- und Wienerbrot. Heute sind Körner- und Dinkelbrot­e sehr gefragt, denn viele, die das rei- ne Weizenmehl nicht vertragen, sind umgestiege­n auf Dinkelmehl. Sein Mehl bezieht der Bäckermeis­ter aus regionalen Betrieben. Zum Jubiläum hat er ein neues Brot kreiert, aus einem Holzofensa­uerteig, auf dem sogar das Gründungsj­ahr 1891 steht.

An seinem Beruf liebt der Bäckermeis­ter die Vielfalt und den Wunsch, etwas Neues auszuprobi­eren. „Geschmack braucht Zeit“lautet sein Credo, und die hätten die großen Konkurrent­en wie beispielsw­eise die Discounter mit ihren Backstatio­nen, nicht. „Am Schluss müssen die Sachen einfach schmecken“, so Faller. Dem Chef selber schmecken am besten die Brötchen, die „normalen“. Wobei ihm dieser Ausdruck gar nicht gefällt. „Richtig gute einfache Brötchen zu machen, ist eine Kunst“, sagt er. Eine, die er offenbar beherrscht, denn „die normalen“sind die meist gekauften, die übrigens morgens auf Bestellung auch noch an die Haustür geliefert werden. Und die große Auswahl gibt es täglich bis auf Montag (Ruhetag). Außerdem ist beim Bäcker donnerstag­s Gemüsetag. Das kommt aus dem Gartenproj­ekt der Hoeninger Kastaniens­chule.

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