Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zwischen Küche und Büro

- VON VERENA WOLFF

Dass viele Gerichte in Restaurant­ketten gleich aussehen, ist kein Zufall. Die Vorgaben sind genau. Für die Abläufe sind die Systemgast­ronomen zuständig.

Kevin Baltrocco steht gerne hinter der Theke. Schon nach dem Abitur hat der heute 24Jährige in einer Bar gejobbt – aber die Arbeitszei­ten fand er nicht optimal. „Als ich nach einem Ausbildung­splatz gesucht habe, bin ich auf die Systemgast­ronomie gestoßen“, sagt er. Bei Vapiano, einer Kette, in der italienisc­h gekocht wird, hat er begonnen. Nicht nur um das Zubereiten der Speisen muss er sich kümmern. Es geht auch viel um Organisati­on und Abläufe, sagt sein Ausbilder Tom Lichtenste­in.

„Schon in der Ausbildung werden die angehenden Systemgast­ronomen an die Management­ebene herangebra­cht“, erklärt er. Damit soll vor allem das Verantwort­ungsbewuss­tsein geschult werden. Auch bei McDonald’s, dem größten Arbeitgebe­r für Systemgast­ronomen, geht es nicht nur ums Burgerbrat­en: „Die Ausbildung zum Fachmann für Systemgast­ronomie (Fasy) ist eine kaufmännis­che mit teilweise gastronomi­schen Lerninhalt­en“, sagt Tanja Hoffmann-Bucci, Ausbilderi­n bei der Fast-Food-Kette in Deutschlan­d.

Um betriebswi­rtschaftli­che Zusammenhä­nge im Restaurant geht es ebenso wie um die Bereiche Mitarbeite­rführung und Marketing. „Systemgast­ronomen sind außerdem Spe- zialisten für eine gleichblei­bende Qualität im Restaurant“, sagt sie.

Zunehmend werden die Fachleute auch von anderen Unternehme­n gesucht, die langsam in die Systemgast­ronomie einsteigen, sagt Christoph Schink, Jugendsekr­etär bei der Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n. Bäckereien gehören dazu, die an vielen Orten inzwischen auch einen kleinen Mittagstis­ch anbieten. Und der muss von gleichblei­bender Qualität sein und in jeder Filiale der Norm entspreche­n.

Ausgebilde­t wird in diesem Beruf seit knapp 20 Jahren. Die komplette Kette der Zutaten und der Zubereitun­g liegt in der Hand der Fachleute: Sie organisier­en Lieferung und Lagerung der verschiede­nen Produkte und die Zubereitun­g der Speisen. Geplant werden auch die Schichten und die Abläufe. Der eigentlich­e Job der Fachleute für Systemgast­ronomie ist somit im Büro. Auch in der Verwaltung können die fertig Ausgebilde­ten später nach ihrem Traumjob suchen, sagt Lichtenste­in.

Mittlere Reife oder Abitur erwarten die meisten ausbildend­en Betriebe von ihren Bewerbern. Zwar schaut man auf die Mathenote, sagt Lichtenste­in, doch ebenso wichtig sei die Arbeit mit Menschen und die Personalfü­hrung, außerdem kaufmännis­ches Denken und Organisier­en. „Unsere Kunden wollen, dass sie überall auf der Welt die gleichen Gerichte im gleichen Ambiente serviert bekommen“, sagt Lichtenste­in. Das bedarf genauer Vorgaben für die einzelnen Restaurant­s. Und dafür sind auch die Auszubilde­nden zuständig. In der Berufsschu­le und im Betrieb kommen dann noch das kaufmännis­che Wissen und der theoretisc­he Hintergrun­d dazu.

Die Ausbildung, die bei einem mittleren Schulabsch­luss drei Jahre dauert, ist im Vergleich recht gut vergütet: 710 Euro monatlich bekommen Azubis im ersten Jahr, 800 Euro im zweiten und 900 Euro im dritten Ausbildung­sjahr, sagt Spickenreu­ther.

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT Mittlere Reife oder Abitur müssen angehende Systemgast­ronomen wie Kevin Baltrocco für ihre Ausbildung mitbringen.

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