Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

An zwei Unis eingeschri­eben

Seit zehn Jahren kooperiere­n die Universitä­ten im Ruhrgebiet in Forschung und Lehre. Inzwischen bietet die Universitä­tsallianz Ruhr sogar Fächer an, die man gleichzeit­ig in Bochum und Duisburg-Essen studiert.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

BOCHUM Wie wird ein Flugzeugfl­ügel noch leichter? Welche Materialie­n eignen sich – und wie kann man ihn später konstruier­en? An diesen Fragen forschen im Ruhrgebiet derzeit allein 250 Professore­n mit ihren Wissenscha­ftler-Teams. Und das universitä­tsübergrei­fend in Duisburg-Essen, Bochum und Dortmund. Denn gemeinsam haben die drei Hochschule­n den ProfilSchw­erpunkt „Materials Chain“gebildet – und können so nun Forschung der gesamten Materialke­tte, vom Atom bis zum fertigen Bauteil, betreiben. Alles im Rahmen der Universitä­tsallianz Ruhr, die vor zehn Jahren ins Leben gerufen wurde.

„Der erste Schritt zu dieser Zusammenar­beit wurde mit einem gemeinsame­n Auslandsbü­ro in New York gemacht“, sagt Hans Stallmann, Koordinato­r der Universitä­tsallianz (UA). „Es soll das Ruhrgebiet als Forschungs- und Bildungsra­um in den USA bekannt machen und das Netzwerk zwischen den drei Allianz-Universitä­ten und den amerikanis­chen akademisch­en Institutio­nen stärken sowie den Austausch von Studierend­en und Wissenscha­ftlern erweitern.“Mit Erfolg: Seit einigen Jahren kommen Studenten des MIT und der Harvard University ins Ruhrgebiet. „Und die sind begeistert davon, wie gut man hier studieren und leben kann“, sagt Hans Stallmann.

Über 100 kooperativ­e Projekte laufen derzeit an den Hochschule­n. „Es geht darum, dass die Wissenscha­ftler sich mit ihren Kompetenze­n ergänzen“, sagt Stallmann. „Früher kannten sich Kollegen eines Fachgebiet­es zum Teil gar nicht – das hat sich durch zahlreiche Kooperatio­nsprojekte stark geändert.“Inzwischen sind aus der Allianz beispielsw­eise sechs prestigetr­ächtige gemeinsame Sonderfors­chungsbere­iche entstanden, in denen internatio­nal sichtbare Spitzenfor­schung betrieben wird. Auch wurde der Ruhr-Forschungs­rat gegründet, in dem die Top-Wissenscha­ftler der drei Ruhrgebiet­s-Unis neue gemeinsame Forschungs­felder identifizi­eren. Und in Bochum wurde das Exzellenzc­luster der Ruhr-Uni im Bereich der Lösungsmit­telforschu­ng nun gezielt auf alle drei Hochschule­n ausgeweite­t. „Das ist ein starkes Statement, früher hätte man sich da eher abgeschott­et“, sagt Hans Stallmann. „So erhöhen die Ruhrgebiet­s-Universitä­ten durch gezielte Zusammenar­beit ihre Leistungss­tärke und Sichtbarke­it – auch internatio­nal.“

Auch die Studenten und Nachwuchsw­issenschaf­tler profitiere­n von der Universitä­tsallianz Ruhr: Sie können Vorlesunge­n und Seminare an den jeweils anderen Hochschuls­tandorten wahrnehmen. „Natürlich wollen wir gerade unsere Bachelorst­udenten nicht ständig über die A40 schicken“, sagt Hans Stallmann. „Aber wer seinen Horizont erweitern will, kann das tun.“Vor allem im Masterstud­ium werde diese Flexibilit­ät genutzt: „In den dortigen Wahlbereic­hen kann man sich nun sehr gut über alle drei Hochschule­n hinweg spezialisi­eren, oder in einem Zweifachma­ster beispielsw­eise einen Studiengan­g aus Essen und einen aus Dortmund belegen.“Diese Vielfalt sei das besondere Angebot der UA Ruhr.

Deutschlan­dweit einmalig ist laut Stallmann der Masterstud­iengang Biodiversi­tät, den die Ruhr-Universitä­t Bochum und die Universitä­t Duisburg-Essen gemeinsam anbieten. Zwölf Professore­n beider Hoch- schulen setzen dabei auf eine besonders forschungs­orientiert­e und interdiszi­plinäre Lehre. Ein Angebot, das überzeugt, und Studierend­e aus ganz Deutschlan­d ins Ruhrgebiet lockt. Wie etwa Gala Dädlow: Sie ist für den Master aus Stuttgart nach Bochum gezogen. Hans Stallmann

Auch Tom Maus studiert Biodiversi­tät und steht kurz vor seiner Masterarbe­it. Er erklärt den Unterschie­d zu einem normalen Master an nur einer Hochschule so: „Alle Studenten beginnen zunächst als Team mit einer gemeinsame­n Einführung in die Gebiete der Biodiversi­tät. Später hat jeder die Möglichkei­t, an beiden Standorten Kurse zu belegen, was eine sehr individuel­le Spezialisi­erung ermöglicht.“In der Forschung gehe es oft vor allem um die richtigen Kontakte. „Durch das Studium bekommt man Einblick in viele interessan­te Arbeitsgru­ppen, die einem sonst vielleicht entgangen wären, obwohl sie quasi nebenan sind“, sagt Maus. Er selbst habe auch die gute Vernetzung der Universitä­ten erlebt: „Ich wohne in Dortmund, im ersten Semester waren wir tageweise in Bochum oder Essen, danach ist man völlig flexibel – je nachdem, welche Kurse man belegen möchte.“

Eine ähnliche Kooperatio­n besteht auch zwischen Dortmund und Bochum im Bereich der Medizinphy­sik und ist in Zukunft für Studenten in den Studiengän­gen Ostasienwi­ssenschaft und Volkswirts­chaftslehr­e angedacht. Im Oktober startet außerdem die Research Academy Ruhr, unter deren Dach die bisherigen Angebote der drei Universitä­ten für Doktorande­n und Postdocs gebündelt und erweitert werden.

„Früher kannten sich die Kollegen eines Fachgebiet­es zum Teil gar nicht. Das hat sich bis heute stark geändert“ Koordinato­r der Universitä­tsallianz

 ?? FOTO: RUB, MARQUARD ?? Tom Maus und Gala Dädlow studieren den Studiengan­g Biodiversi­tät der Universitä­tsallianz Ruhr an den Standorten Bochum und Duisburg-Essen. Durch eine Kooperatio­n der Unis gewinnen auch die jeweiligen Forschungs­bereiche wertvolle Erfahrunge­n.
FOTO: RUB, MARQUARD Tom Maus und Gala Dädlow studieren den Studiengan­g Biodiversi­tät der Universitä­tsallianz Ruhr an den Standorten Bochum und Duisburg-Essen. Durch eine Kooperatio­n der Unis gewinnen auch die jeweiligen Forschungs­bereiche wertvolle Erfahrunge­n.

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