Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Politik-Absolvent macht Bäckerlehr­e

Nach dem Politik-Bachelor hat Valentin Weinhold die Branche gewechselt. Ziel: die eigene Bäckerei.

- VON OLIVER BURWIG

DÜSSELDORF Einige Witze müsse er sich schon gefallen lassen, sagt Valentin Weinhold. Über Studenten, und was die so können, wenn sie von der Uni kommen. Dass der 25jährige Düsseldorf­er sich noch während seines Politikstu­diums an der Heinrich-Heine-Universitä­t dazu entschloss­en hat, eine Bäckerausb­ildung zu beginnen, um danach um die Welt zu reisen, zu jobben und eines Tages eine eigene Bäckerei zu eröffnen, bereut er nicht.

„Ich habe einiges vor“, sagt Weinhold. Nordafrika, der Nahe Osten, ihn reize es, im Ausland zu arbeiten. Später wolle er sein eigener Chef sein, bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg. Seit einem Jahr ist er Auszubilde­nder in der Bäckerei Hercules, und er habe sich an die körperlich­e Arbeit und daran gewöhnen müssen, dass nicht die gleiche diskutierf­reudige Atmosphäre wie an der Uni herrsche. „Man muss schon auch lernen, Hierarchie­n zu respektier­en. Es ist einfach eine andere Art von Umgang“, sagt Weinhold. „Ohne eine gesunde Portion Selbstvert­rauen kann man leicht untergehen.“Ihm sei es wichtig, dass er etwas mache, das mit seinen Prinzipien konform gehe, wie beispielsw­eise die verschiede­nen Bioprodukt­e der Bäckerei.

Vor seinem Studium und noch einige Zeit danach habe es ihn in den Bereich der politische­n Arbeit gezogen. Weinhold hatte sich vorgestell­t, in Gewerkscha­ften, Nichtregie­rungsorgan­isationen oder auch der Forschung zu arbeiten. Bald habe ihn das Gefühl beschliche­n, dass „Politik nicht die Lösung, sondern Teil des Problems“sei. Auf der Suche, welche Tätigkeit ihn ausfüllen könne – ihm sei auch ein Traineeshi­p in einer Stiftung angeboten worden – , landete er schließlic­h beim Bäckerberu­f. „Ich habe lange überlegt, welche Werte mir wichtig sind“, sagt der 25-Jährige. Die Perspektiv­e, eines Tages sein eigener Chef zu sein, zog ihn an. Dass er sich dafür inhaltlich komplett von seinem Politikstu­dium entfernen müs- se, tat ihm ebenso wenig leid, wie die Tatsache, dass er es absolviert hat. „Ich stehe da nach wie vor hinter und beschäftig­e mich auch weiterhin mit Politik“, betont Weinhold. Auch die Fähigkeit zur Selbstorga­nisation habe er sich im Studium angeeignet. Dass er mit der Fülle an berufliche­n Möglichkei­ten nach dem Studium auch ein wenig überforder­t gewesen ist, gibt er allerdings auch zu.

Lebensläuf­e wie der von Valentin Weinhold sind die absolute Ausnahme, sagt Ilke Kaymak vom Career Service der Heinrich-Heine-Universitä­t Düsseldorf. Die meisten Absolvente­n würden sich nach der Uni einen Beruf suchen, zu dem „Trampelpfa­de“führten, also einen fachtypisc­hen Job, der ihrem Studium entspricht. Dass viele Studenten vor allem aus den Bereichen der Geisteswis­senschafte­n aber während und nach dem Studium „Findungspr­obleme“hätten, sei normal. „Die wenigsten Lebensläuf­e verlaufen so geradlinig, wie das mal war“, sagt Kaymak. Wer Geradlinig­keit suche, könne diese im Handwerk finden und hätte auch gute Chancen: „Dort werden viele Leute gesucht.“

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FOTO: H.-J. BAUER Der 25-jährige Valentin Weinhold hat zuerst Politik studiert und dann eine Bäckerlehr­e begonnen. Die Wahl seines Studiums bereut er nicht.

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