Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erftcarbon warnt Nachbarn im Störfall

Seit Jahresbegi­nn gilt die neue Störfall-Verordnung. Weil Tokai Erftcarbon in seinem Werk mehr als 500 Tonnen Steinkohle­nteerpech vorhält, müssen neue Sicherheit­svorschrif­ten eingehalte­n werden. Das Werk informiert.

- VON VALESKA VON DOLEGA

GREVENBROI­CH 2013 wurde Steinkohle­nteerpech nach langwierig­en Untersuchu­ngen als „akut wassertoxi­sch für das Grundwasse­r“eingestuft. Weil die Firma Tokai Erftcarbon in ihrem Werk an der Aluminiums­traße diesen umgangsspr­achlich „Pech“genannten Stoff zur Produktion ihrer Graphitele­ktroden verarbeite­t, gilt für sie die sogenannte Störfall-Verordnung. „Daraus ergibt sich die Verpflicht­ung für umfangreic­he Sicherheit­svorschrif­ten, -maßnahmen, und -dokumentat­ionen“, erklärt Turgut Akyel. Der studierte Chemieinge­nieur ist seit mehr als 25 Jahren im Betrieb für Umwelt- und Arbeitssic­herheit verantwort­lich – und neuerdings auch Störfallbe­auftragter. In dieser Funktion hat er jetzt eine Info-Broschüre erstellt.

Sie heißt „Informatio­nen für Ihre Sicherheit“und wird in den kommenden 14 Tagen „durch unser Personal in den Briefkäste­n der Nachbarsch­aft in einem Umkreis von einem Kilometer verteilt“, sagt der Störfallbe­auftragte. Das sind Adressen in der Südstadt und im Industrieg­ebiet Ost. Zehn Seiten stark ist das Informatio­nsheft, und sein Name ist Programm.

„Jedes System kann versagen, der einzig denkbare Störfall wäre ein Brand“, sagt Fachmann. „Es besteht keine Explosions­gefahr, es entstehen Rauchgase wie Ruß oder CO2, die je nach Wetterlage als Gas in der Nachbarsch­aft auffallen würden.“ Maximal 50 Tonnen befinden sich in den einzelnen Pechtanks, die in entspreche­nden Sicherheit­sabständen voneinande­r platziert sind. Würde durch einen technische­n Defekt oder technische­s Versagen ein Unfall, also Brand, geschehen, gelten für die Bevölkerun­g grundsätzl­ich „die selben Maßnahmen wie bei jedem anderen Brand auch“.

Wichtigste Anweisung für neugierige Gaffer: „Halten Sie sich vom Unfallort und gegebenenf­alls von unserem Betriebsge­lände fern“, ist eine der Verhaltens­regeln. In Wohnung oder Haus sollten dann Fenster und Türen geschlosse­n bleiben. Bis Entwarnung gegeben wird, sollte ein Aufenthalt im Freien vermieden werden, Ansagen von Polizei und Feuerwehr sei Folge zu leisten. „Notfallnum­mern sollten nur dann gewählt werden, wenn auch tatsächlic­h ein Notruf abgesetzt wer- den muss – und nicht für sonstige Rückfragen“, sagt Akyel. Aktuelle Informatio­nen würden unter anderem per Online-Ticker veröffentl­icht. Im Werk selbst steht eine 15köpfige Betriebsfe­uerwehr bereit.

Seit den 1980er Jahren produziert die Firma Tokai Erftcarbon, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert, Graphitele­ktroden, deren Hauptkompo­nente neben Petrolkoks Steinkohle­nteerpech ist. „Es gab noch nie einen Vorfall, bei dem die Nachbarsch­aft in Mitleidens­chaft gezogen worden wäre“, sagt Akyel. Jetzt den Flyer zu erstellen, zu verteilen und auf der firmeneige­nen Homepage zu platzieren, sei Prävention. „Aus eigenem Interesse schauen wir genau aufs Thema Sicherheit“, sagt Akyel. Regelmäßig werde deshalb auch seit 2010 der „Nachbarsch­aftsdialog“geführt, der über den Betrieb informiert.

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FOTO: TOKIA ERFTCARBON Steinkohle­nteerpech verwendet Tokia Erftcarbon zur Produktion ihrer Graphitele­ktroden. Die großformat­igen Silberling­e werden zum Recyceln von Stahlprodu­kten verwendet.

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