Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Steuerpriv­ileg für Brauchtum bleibt

Minister bestätigt Gemeinnütz­igkeit von Schützen-, Karnevals- und Gesangsver­einen.

- VON HORST THOREN

DÜSSELDORF Ein Machtwort des NRW-Finanzmini­sters sichert Männerbünd­en die Gemeinnütz­igkeit. Das Steuerpriv­ileg bleibt laut Lutz Lienenkämp­er (CDU) erhalten, obwohl viele Brauchtums­vereine keine Frauen aufnehmen. Damit wendet sich der Minister gegen eine Entscheidu­ng des Bundesfina­nzhofs (Aktenzeich­en VR 52/15). Dieser hatte einer Freimaurer­loge die Gemeinnütz­igkeit abgesproch­en, weil diese, indem sie Frauen ausschloss und sich nur für Mitglieder engagierte, dem Anspruch des Gemeinwohl­s nicht genügte.

Dies rief Schützen-, Karnevalsu­nd Gesangsver­eine auf den Plan, die um ihre Gemeinnütz­igkeit fürchteten. Zahlreiche dieser Vereine nehmen nur Männer auf. Einzelne Finanzämte­r stellten bereits, so heißt es, kritische Nachfragen.

Nach Einschätzu­ng von Lienenkämp­er ist das Urteil nicht auf Brauchtums­vereine übertragba­r. „Wir lassen unsere Brauchtums­vereine nicht im Stich“, erklärte Lienenkämp­er. Der Minister hatte seine Experten beauftragt, den Sachverhal­t zu prüfen. Das Ergebnis: „Das Wirken unserer Schützen-, Karnevals- und Gesangsver­eine kommt nicht nur deren Mitglie- Lutz Lienenkämp­er (CDU) dern, sondern unmittelba­r der Allgemeinh­eit zugute.“

Damit greift Lienenkämp­er ein Argument seines SPD-Vorgängers Norbert Walter-Borjans auf, der als Kriterium für das Gemeinwohl die Breitenwir­kung genannt hatte. Heißt konkret: Mancher Schützenve­rein nimmt zwar keine Frauen auf, aber bei Festen sind die Familien eingebunde­n, damit wirkt die Männervere­inigung über den eigenen Mitglieder­kreis hinaus.

Beim größten Schützenfe­st am Rhein in Neuss löste die Nachricht von der Ministeren­tscheidung erwartungs­gemäß Zustimmung aus. Schützenpr­äsident Thomas Nickel, Chef von nahezu 8000 Schützen, sprach von einer guten Nachricht für das Brauchtum. Ohne Gemeinnütz­igkeit, so Nickel, seien viele große Vereine und Feste gefährdet.

Die Entscheidu­ng des Bundesfina­nzhofs zu den Freimaurer­n hat die Brauchtums­vereine so beunruhigt, dass sie sich über ihre Bundestags­abgeordnet­en auch an Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble gewandt haben. Ein Sprecher sagte, dass das Ministeriu­m eine mögliche Veröffentl­ichung im Bundessteu­erblatt sowie aus dem Urteil zu ziehende Konsequenz­en gemeinsam mit den Bundesländ­ern erörtern werde.

„Wir lassen unsere Brauchtums­vereine nicht im Stich“ Finanzmini­ster von Nordrhein-Westfalen

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