Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Lügengebil­de bricht zusammen

Thekla Carola Wied muss sich im ZDF-Film „Was ich von dir weiß“mit schmerzhaf­ten Wahrheiten auseinande­rsetzen.

- VON NATHALIE WAEHLISCH

BERLIN (dpa) „Ich habe mich verliebt. In meinen Professor“, platzt es aus Studentin Ruth heraus. Die ist keineswegs Anfang 20 und die Liebschaft keine studentisc­he Schwärmere­i. Ruth (Thekla Carola Wied) ist schon Oma und seit mehr als 40 Jahren verheirate­t. „Verarschst du mich jetzt?“, entgegnet denn auch ihr verdutzter Sohn als erstes. Nein, Ruth meint es sehr ernst. Das zeigt der ZDF-Film „Was ich von dir weiß“heute Abend. Zu sehen sind neben Wied auch August Zirner als ihr Professor sowie Uwe Kockisch als ihr Ehemann.

„Dass mir so was passiert. Ich bin glücklich. Ich hatte völlig vergessen, wie das ist, wie sich das anfühlt“, sagt die Senioren-Studentin. Das klingt nach kitschiger Romanze. Ist es aber nicht. Denn in dem angenehm leisen Film von Regisseuri­n und Drehbuchau­torin Isabel Kleefeld geht es insbesonde­re um die Unfähigkei­t, miteinande­r zu kommunizie­ren, um Lebenslüge­n und unterdrück­ten Schmerz. „Wie konntest du es zulassen, dass wir beide so einsam werden?“, sagt Ruth einmal zu ihrem Mann.

„Es geht um ein Menschheit­sthema schlechthi­n – unseren gebrochene­n Umgang mit Wahrheit“, sagt Wied dazu der Deutschen Presse-Agentur. „Die Menschen können nicht mehr miteinande­r reden, ihre Probleme nicht mitteilen. Und irgendwann eskalieren natürlich die Lügen“, beschreibt es die 73-Jährige.

Ruth und ihr Mann Martin leben in ihrer Ehe nebeneinan­der her. In seinem spießigen Einfamilie­nhaus schläft das Paar getrennt, viel zu sagen haben sich die beiden nicht mehr. Der Ex-Polizist und Rentner geht noch gerne auf den Schieß- stand, werkelt in seinem Hobbyraum und mäht den Rasen. Die engagierte Großmutter hat derweil mit ihren Philosophi­e-Vorlesunge­n an der Kölner Universitä­t eine neue Leidenscha­ft entdeckt und darüber hinaus ihr neues Liebesglüc­k gefunden. Auch, wenn ihr das nicht leichtfäll­t: Nach Jahrzehnte­n will sie nun einen Neustart im Leben wagen.

So ruhig und behäbig wie das Zusammenle­ben des entfremdet­en Ehepaares fängt auch der Film an. Doch nach und nach brechen immer mehr schmerzhaf­te Wahrheiten auf: Ruth erfährt, dass ihr Mann schon seit Jahren ein Doppellebe­n führt – und sie auch jahrelang über die Todesumstä­nde ihrer gemeinsame­n Tochter belogen hat. Für Ruth bricht eine Welt zusammen.

Wied, Kockisch (73, auch bekannt aus seiner Rolle als „Commissari­o Brunetti“) und Zirner (61) ergänzen sich in dem Familiendr­ama gut. Sehenswert sind neben der populären Schauspiel­erriege aber etwa auch Daniel Wiemer als Sohn und Neda Rahmanian als Schwiegert­ochter – auch deren Familienle­ben läuft keineswegs perfekt.

Ein klassische­s Happy End gibt es bei dem Film – glückliche­rweise – nicht. Er endet traurig und versöhnlic­h. Wied beschreibt den Film selber ganz treffend: „Er ist nicht leicht anzusehen. Aber sehr lohnend.“ „Was ich von dir weiß“, ZDF, 20.15 Uhr

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FOTO: DPA Thekla Carola Wied spielt im ZDF-Film „Was ich von dir weiß“eine Senioren-Studentin, deren Ehe sich im Laufe der Jahre abgenutzt hat – auch aufgrund nie ausgesproc­hener Geheimniss­e und zahlreiche­r Lügen.

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