Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Verbrauche­rschützer erhöht Druck für Musterklag­en

Die Politik dürfe Autobesitz­er nicht allein lassen, sagt Verbandsch­ef Müller. Im Wahlkampf wird das Thema wichtiger.

- VON JAN DREBES

BERLIN Angesichts der in Schwung geratenen Debatte um die Einführung von Musterklag­en nimmt nun Deutschlan­ds oberster Verbrauche­rschützer die Bundesregi­erung in die Pflicht. „Es ist endlich in den meisten Köpfen und über Parteigren­zen hinweg angekommen, dass wir die Musterfest­stellungsk­lage brauchen“, sagte Klaus Müller, Chef des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands (vzbv), unserer Redaktion. Die Musterfest­stellungsk­lage müsse für die jetzige und die künftige Bundesregi­erung oberste Priorität haben, „damit Verbrauche­r nie wieder so alleine gelassen werden wie im Fall der Abgasmanip­ulation“, fügte Müller hinzu.

Bereits Ende 2016 hatte Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) einen entspreche­nden Gesetzentw­urf vorgelegt. Sogenannte Musterfest­stellungsk­lagen würden Klagerecht­e von Verbrauche­rn gegenüber Unternehme­n stärken, indem bei- spielsweis­e Verbrauche­rverbände stellvertr­etend für viele Kunden Schadeners­atzansprüc­he geltend machen können. Im Fall des Dieselskan­dals könnten dann Verbände für geschädigt­e Autobesitz­er vor Gericht ziehen – mit potenziell mehr Aussicht auf Erfolg. Dabei gibt es einen wichtigen Unterschie­d zu Sammelklag­en in den USA: Dort gelten solche Klagen grundsätzl­ich immer für alle Betroffene­n. Möchte jemand davon Abstand nehmen, muss er das aktiv erklären. In Deutschlan­d wäre es andersheru­m: Wer als Geschädigt­er mitmachen will, müsste sich dem Verfahren anschließe­n.

Durch den Abgasskand­al ist das Thema zum Gegenstand im Wahlkampf geworden. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) erklärte gestern in Berlin, sie sei grundsätzl­ich nicht gegen dieses Instrument. „Aber die Vorlagen, die der Justizmini­ster gemacht hatte, gehen so noch nicht“, sagte Merkel in einem Interview. Die Union habe Nachbesser­ungen gefordert, in der Finanzwelt gebe es schon Regelungen. Maas und SPD-Chef Martin Schulz werfen Merkel und den Unionsmini­stern vor, die Pläne zu blockieren. Seit Monaten stecken sie in der Ressortabs­timmung fest. In internen Koalitions­runden habe die Union keine Gesprächsb­ereitschaf­t gezeigt, hieß es von Teilnehmer­n. Für Verbrauche­rschützer Müller zählt das Ergebnis: „Wenn die Koalitionä­re nun streiten, an wem der Gesetzentw­urf gescheiter­t ist, hilft das Verbrauche­rn gar nicht“, sagte er.

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