Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Viel Druck auf Löws Etablierte
Vor dem WM-Qualifikationsspiel am Freitag in Prag drängen vor allem die Confed-Cup-Gewinner nach vorn.
DÜSSELDORF Es gab einmal eine Zeit, da fühlte sich jeder berufen, sich über den Confed-Cup lustig zu machen. Kirmesturnier war noch eine der harmloseren Bezeichnungen, die Kritiker für das Turnier im vergangenen Sommer in Russland fanden. Das galt auch noch während der ersten Spiele – doch was die junge Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw dann in den künftigen WM-Stadien auf den Rasen brachte, ließ die Stimmung im Lande ordentlich kippen. Am Ende holte die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes mit einem 1:0-Finalsieg gegen das hochgewettete Chile sogar den Pokal, und irgendwie wollte dann niemand mehr die Begriffe „C-Elf“oder gar „Wursttruppe“in den Mund nehmen, die vor Turnierbeginn so beliebt gewesen waren.
Das wissende Schmunzeln, das Löw so gern zeigt, ist nach den Tagen von Russland noch ein bisschen breiter geworden. Die NachwuchsProfis, die das Gerüst des ConfedCup-Teams bildeten, haben sich unter Wettkampfbedingungen gegen in Bestbesetzung angetretene internationale Konkurrenz bewährt. Ebenso ältere Spieler, die das Fehlen etlicher Stars als Chance begriffen – allen voran Borussia Mönchengladbachs Kapitän Lars Stindl, nicht nur wegen seines Siegtreffers im Finale von Sankt Petersburg.
Der Fortsetzung der Qualifikationsspiele zur Weltmeisterschaft 2018 am Freitag (20.45 Uhr/live bei RTL) gegen Tschechien in Prag kann der Bundestrainer daher sehr gelassen entgegensehen. Der Druck liegt auf den Spielern, in erster Linie auf den vermeintlich Etablierten. „Ich erwarte, dass es den härtesten Konkurrenzkampf geben wird, den wir je erlebt haben“, sagt Löw. Er sichte zurzeit „35 bis 40 Spieler“für nur 23 Kaderplätze, die bei der WMEndrunde zur Verfügung stehen. „Daher wissen auch die etablierten Spieler: Sie müssen immer an ihrem Leistungslimit spielen, um in der Mannschaft zu bleiben.“
Am Freitag in Prag gilt das zum Beispiel für die fünf Weltmeister Mats Hummels, Sami Khedira, Toni Kroos, Thomas Müller und Mesut Özil. Sie durften sich während des Confed-Cups eine Auszeit nehmen und sehen sich nun mit einem Kampf um ihre Stammplätze konfrontiert, der in dieser Form noch am Ende der vergangenen Bundesligasaison nicht zu erwarten war. Beispiel Khedira: Der Routinier von Juventus Turin darf zwar auf eine äußerst erfolgreiche bisherige Karriere zurückblicken, zudem die Tatsache ins Feld führen, an der Seite von Toni Kroos eine der besten „Doppel-Sechsen“des internationalen Fußballs zu bilden. Sicher kann sich der 30-Jährige dennoch nicht fühlen, da der Schalker Leon Goretzka beim WM-Vorbereitungsturnier mit läuferischem und kämpferischem Engagement glänzte und obendrein bewies, dass er auch in Sachen Spielaufbau und -organisation herausragende Qualitäten besitzt.