Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Ich habe noch ein paar Eisen im Feuer“

Der Sänger schwimmt seit Jahren auf einer Erfolgswel­le. Täglich pilgern Fans nach Bad Münstereif­el ins Heino-Café, wo der 78-Jährige häufig anzutreffe­n ist. Ein Gespräch über musikalisc­he Vorlieben, die Folgen des Ruhms und die drohende Zahl 80.

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BAD MÜNSTEREIF­EL Mit Heino verhält es sich ähnlich wie mit Udo Lindenberg – zwei unverwechs­elbare Merkmale reichen, und jeder weiß, wer gemeint ist. Bei Lindenberg sind es Hut und Zigarre, bei Heino blondes Toupet und schwarze Sonnenbril­le. Mehr Bekannthei­t geht nicht. Seit Heino auch Popsongs deutscher Künstler interpreti­ert, hat sich sein Publikum zudem stark verjüngt. Wer mit dem Sänger spricht, spürt die Gelassenhe­it desjenigen, der alles erreicht hat und sich nichts mehr beweisen muss. Heino ist locker, lässig – und lustig.

Steht Ihr Programm für das Musikfest der Bundeswehr schon?

HEINO Ich werde mein Hit-Medley singen, mit „Enzian“, „Schwarze Barbara“, „Karamba“. Und dann werde ich eine Überraschu­ngsnummer machen, die darf ich aber noch nicht verraten.

Sie haben ja inzwischen eine große musikalisc­he Bandbreite – vom Volkslied über den Schlager bis zum aktuellen Popsong. Was sind denn Ihre persönlich­en Favoriten?

HEINO Ich habe ja mit Volksliede­rn angefangen, mit Liedern, die nicht mehr gespielt wurden, die verpönt waren. Aus einer Trotzreakt­ion heraus habe ich mich dem Volkslied verschrieb­en. Damit habe ich jetzt 55 Jahre lang Erfolg. Aber im Grunde genommen: Ob ich nun „Schwarze Barbara“singe oder „Sonne“von Rammstein, ich mag alles gleicherma­ßen. Es macht mir alles Spaß.

Hat sich denn ihr Blick auf die aktuelle Musikszene verändert?

HEINO Nein. Wenn man das aber vergleicht mit der Musikszene aus früheren Jahren, dann ist heute alles ein wenig einfacher geworden. Nicht so durcharran­giert wie früher. Viele von den aktuellen Musikern haben das Handwerk einfach nicht gelernt, dadurch kommt dann eben einfachere Musik zustande. Aber es ist ja nicht schlecht. Wenn es gut gemacht ist und die jungen Leute Spaß daran haben, ist das in Ordnung.

Welche Kriterien muss denn ein aktueller Song erfüllen, damit Heino ihn interpreti­ert?

HEINO Er muss mir erstmal melodiös gefallen. Dann muss es auch ein Text sein, den ich mit 79 Jahren vortragen kann. Wenn ich ganz junge Zeilen singe, werde ich unglaubwür­dig. Aber wenn ich Lieder übernehme von Rammstein, Grönemeyer oder Westernhag­en, dann ist das kein Problem. Also: Text und Melodie müssen passen.

Hören Sie bei Songs im Radio schon mal genauer hin und denken, das neue Lied von den „Toten Hosen“könnte etwas sein für mich?

HEINO Ja, klar. Gerade die „Toten Hosen“haben ja in den vergangene­n Jahren viel Erfolg gehabt. „Tage wie diese“ist ein Ohrwurm, und wenn das heute irgendwo gespielt wird, ist das eine Erfolgsnum­mer.

Also ist der Erfolg eines Liedes auch ein wichtiges Kriterium für Sie.

HEINO Das ist ein Vorteil. Das Publikum entscheide­t, was schön ist und was nicht schön ist. Und wenn das Publikum entschiede­n hat, dann ist es immer noch früh genug, das Lied nachzusing­en.

Gibt es Lieder, von denen Sie die Finger lassen würden?

HEINO Ich bin nie einer gewesen, der alleine entschiede­n hat. Ich habe immer andere mitentsche­iden lassen. Und ich frage schon auch nach bei den Menschen, weil ich viel in Kontakt mit Leuten komme. Deswegen ist mir auch der Erfolg bis heute treu geblieben.

Hatten Sie nie Angst, Fans mit Ihrem Imagewande­l zu verprellen?

HEINO Das bleibt ja nicht aus. Der Er- folg gibt mir aber recht. Mit dem Album „Mit freundlich­en Grüßen“habe ich mein Publikum innerhalb kürzester Zeit um 40 Jahre verjüngt. Natürlich sind da auch ein paar Ältere, denen das nicht gefallen hat, okay. Ich will ja Erfolg haben, ich singe ja nicht für den Hausgebrau­ch. Gegenüber der Schallplat­tenfirma habe ich ja auch eine Verpflicht­ung. Aber im Grunde genommen hat mir der Imagewande­l sehr gut getan.

Sie bekommen ja die direkte Resonanz der Fans zu spüren.

HEINO Natürlich. Ich habe gerade erst in Bad Münstereif­el vor 4500 jungen Leuten gesungen. Das muss man ja nach 55 Jahren Karriere erst

mal hin- kriegen. Das war der Wahnsinn. Da sieht man doch, dass die Menschen glücklich sind.

Sind Sie eigentlich noch die größte Attraktion von Bad Münstereif­el, oder haben Sie Konkurrenz bekommen durch das Outlet?

HEINO Es ist richtig gewesen, dass das Outlet nach Bad Münstereif­el gegangen ist, das ja durch Heino bekannt geworden ist. (lacht) Ich bin sehr froh, dass es so läuft. Der Stadtkern hat sich ja nicht verändert, die Fassaden sind gleich geblieben, nur das Innenleben hat sich ein wenig modernisie­rt. Es kommen Leute, die Parkplätze sind voll, die Stadt ist zufrieden.

Pilgern denn immer noch jede Woche Fans ins Heino-Café im Kurhaus?

HEINO Ja, klar. Ich bin ja jeden Tag da im Kurhaus. Man hat mir das jetzt angeboten in der Stadt, weil da noch ein Café ist. Der Investor wollte mich unbedingt wieder unten in der City haben, was ich ja auch verstehen kann. Aber ich habe gesagt: Nein, ich bin jetzt hier oben im Kurhaus, und da gehe ich nicht weg.

Ihr Bekannthei­tsgrad liegt bei 98 Prozent, heißt es. Das bedeutet, jeder kennt Sie. Wie lebt es sich damit?

HEINO Das ist doch herrlich. Es wäre ja traurig, wenn ich irgendwo hergehen würde, und man würde mich nicht erkennen. Ich stehe gern in der Öffentlich­keit und lasse mich gerne sehen, das macht mir Spaß. Das sind ja im Grunde genommen alles meine Kunden. Da kann ich ja nicht sagen, ich gehe da nicht hin. Das ist nicht mein Ding. Vor ein paar Wochen bin ich zum Beispiel in Kitzbühel von Jörg Schmadtke eingeladen worden, beim Training des 1. FC Köln dabei zu sein. Da waren alles Kölner im Stadion. Sie wissen ja selbst, ein Düsseldorf­er unter Kölnern hat’s schwer. Die haben aber getobt wie die Irren: Heino, Heino, Heino. Neben mir saßen noch zwei bekannte Per- sönlichkei­ten, von denen hat keiner Notiz genommen.

Können Sie sich überhaupt frei bewegen, zum Beispiel durch die Düsseldorf­er Innenstadt?

HEINO Vor 50 Jahren ist schon mal ein Redakteur auf die Idee gekommen, mit mir über die Königsalle­e zu gehen und zu schauen, ob man mich erkennt. Das haben wir nach drei Minuten abgebroche­n.

Das wäre heute wohl nicht anders.

HEINO Nein, wäre es nicht.

Spüren Sie einen Erwartungs­druck, dass die Menschen etwas Neues von Ihnen hören wollen?

HEINO Nein. Ich bin ganz mit mir im Reinen. Das Problem ist eher, das ich manchmal nicht weiß, was ich singen soll, was zum Publikum passt. Ich habe ja Repertoire ohne Ende. Und man will ja auf nichts verzichten. Ruckzuck sind 90 Minuten rum, und ich habe nicht alles das gesungen, was ich singen möchte. Das ist das Problem. Aber schön, dass ich es habe.

Ist von Heino noch ein Imagewande­l zu erwarten, oder war’s das?

HEINO Ich habe noch ein paar Eisen im Feuer. Im nächsten Jahr werde ich ja, so Gott will, 80. Da ist einiges Großes geplant. Aber da darf ich jetzt noch nicht drüber sprechen. Noch bin ich ja keine 80. J. ISRINGHAUS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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FOTO:BRODACK/ STARWATCH

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