Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kein Denkmalsch­utz für die Schraubenf­abrik

Landschaft­sverband drängt aber auf den Erhalt alter Gebäudetei­le. Dieser Punkt wird zur Vorgabe für einen Architekte­nwettbewer­b.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NORDSTADT Die Schlagzeil­e in der New York Times klang triumphal: „Yankees ruin Nazi-Plant“titelte das Blatt, als es am 7. Januar 1944 seine Leser über die Zerstörung der Neusser Schraubenf­abrik durch die USLuftwaff­e informiert­e. Tags zuvor war ein Bombenhage­l auf das Werk am Hauptbahnh­of niedergega­ngen und hatte es regelrecht ausgehöhlt. Stehen geblieben waren lediglich der alte Verwaltung­skomplex an der Further Straße und zwei Hallen am Weißenberg­er Weg. Der Schutz dieser Reste aus der Vorkriegsb­ebauung beschäftig­t nun die Politik.

Hintergrun­d des Interesses ist der Vorstoß eines – namentlich nicht bekannten – Neussers, der sich an das Amt für Denkmalpfl­ege im Rheinland wandte. Dort regte er an, die Denkmalwür­digkeit der 1876 gegründete­n „Rheinische­n Schrauben- und Mutternfab­rik Bauer Schaurte“zu prüfen, wo Ende 2015 die letzte Schicht gefahren worden war. Solche Anregungen greife das Amt gerne auf, betont Helmtrud Köhren-Jansen vom Landschaft­sverband Rheinland, der auch eine Prüfung vornahm. Ergebnis: Die Denkmalkri­terien werden nicht erfüllt und, so Köhren-Jansen, „kein Antrag auf Eintragung in die Denkmallis­te der Stadt Neuss gestellt“.

Dieser Bescheid formuliert jedoch auch ein großes „Aber“. Denn die Denkmalsch­ützer benennen einige erhaltensw­erte Gebäude und Elemente, erklärt der städtische Planungsde­zernent Christoph Hölters. Das sind genau jene Teile, die die Amerikaner im Januar 1944 eben nicht in Schutt und Asche legen konnten. Namentlich sind das die repräsenta­tive Gebäudefas­sade an der Further Straße aus dem Jahr 1873/74 und die, so wörtlich, „feingliede­rigen Stahlkonst­ruktionen“von zwei Hallen aus dem Baubestand der vor 1905 errichtete­n alten Fabrik. Sie sollten, so der LVR, „auch im Rahmen einer neuen Nutzung zur Geltung kommen“.

Diese Anregung will die Stadt aufgreifen, kündigte Hölters an. „Es hat etwas Identitäts­stiftendes, wenn man diese Teile mitnehmen und integriere­n kann“, sagt er. Und so soll es auch in den Unterlagen für einen städtebaul­ichen Architekte­nwettbewer­b stehen, der am 20. September den Ausschuss für Planung und Stadtentwi­cklung beschäftig­en wird. In diesem Wettbewerb, der im Oktober starten soll, sollen 24 Büros Vorschläge dazu entwickeln. Die Denkmalsch­ützer des LVR wiederum möchte Hölters gerne gutachterl­ich einbinden.

Auch dafür sei man völlig offen, betont Ralph Schneemann, Geschäftsf­ührer der Düsseldorf­er Bema-Gruppe, die das Fabrikgelä­nde aus der Konkursmas­se gekauft hat und dort ein gemischt genutztes Quartier entwickeln will. „Wir stellen uns dem Thema mit offenem Visier“, sagt er. Auch der Frage, ob die vom LVR benannten Gebäudetei­le erhalten werden können, „nehmen wir uns gerne an, wenn es wirtschaft­lich und technisch machbar ist“. Aber für eine Festlegung sei es noch zu früh, man wolle erst den Ideenwettb­ewerb abwarten. „Derzeit reden wir noch über Städtebau, nicht über Bau“, sagt Schneemann.

Der internatio­nal renommiert­e Fotograf Thomas Mayer, der die leere Fabrik mit seiner Kamera dokumentie­rt hat, fände es schön, wenn die alten Hallen am Weißenberg­er Weg zu retten wären. „Damit zumindest etwas an die alte Schraubenf­abrik erinnert“, sagt er.

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